http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0099
Dessoir: Offener Brief an Herrn Prof. Dr. Chr. Schröder. 95
verunglimpft zu haben. Daher stelle ich Ihnen hierdurch eine Frist
von acht Tagen, die ausgesprochenen beleidigenden Urteile unbedingt
und restlos mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückzunehmen. Andernfalls
werde ich sofort den Klageweg gegen Sie einschlagen." Es ist
wahr, ich habe die mit einer so ritterlichen Bewegung dargebotene Hand
nicht ergriffen. Immerhin durfte ich damit rechnen, daß Sie Klage
erheben und mir vor Gericht Gelegenheit geben würden, mich über den
Fall auszusprechen. Vielleicht wäre ich in mich gegangen und hätte
den Richtern erklärt, daß ich bei den Worten von den „immer anmaßender
auftretenden Stümpern" nicht an Sie gedacht habe, da Sie durch
umfangreiche und inhaltlich gewichtige Werke die Forschung auf diesem
Gebiete unbestreitbar gefördert haben, und da jede Zeile aus Ihrer
Feder eine wahrhaft ergreifende Bescheidenheit verrät. Jetzt indessen
bin ich anscheinend wieder in einer Phase der Verblendung, denn mir
will es so vorkommen, als ob jener Brief wirklich keine Antwort verdiene
und als ob die Anwendung jener tadelnden Worte auf Ihre geschätzte
Person nicht der Berechtigung entbehre.
Doch kommen wir endlich vom Vorspiel zur Fuge! Im Zusammenhang
mit der Angelegenheit der kleinen „Irma" erheben Sie zwei Anschuldigungen
gegen mich: erstens, ich hätte die Schweigepflicht verletzt
, was um so tadelnswerter sei, als ich selbst den Vorschlag gemacht
hätte, über Einzelheiten nichts mitzuteilen. Die Leser werden vielleicht
gefragt haben, weshalb in aller Welt ich einen so sonderbaren Vorschlag
machte. Ich muß daher erklärend hinzufügen, daß in jener Zeit mehrfach
über eine Art Arbeitsgemeinschaft zwischen den beiden Gruppen
gesprochen worden war. Ihre Freunde, Herr Professor, wollten uns
nun damals etwas besonders Schönes und Beweiskräftiges zeigen. Ursprünglich
sollte auch Herr Moll an der Demonstration teilnehmen;
aus irgendwelchen Gründen aber unterblieb die Einladung. Indessen
wußte er von dem Plan jener Sitzung, und deshalb hat nach dem katastrophalen
Verlauf der Sitzung Herr Bruck, der das Temperament und
die bereite Feder MoUs scheute, angeregt, von einer Weitergabe der
Einzelheiten an Dr. Moll abzusehen, ihm also nur im allgemeinen den
unbefriedigenden Ausfall der Untersuchung mitzuteilen, Ich war damit
einverstanden, um die erhoffte gemeinsame Arbeit nicht von vornherein
zu gefährden. Ich habe dann auf eine Fortsetzung der Versuche
mit Irma gewartet. Es ist seitdem aber nicht mehr mit ihr experimentiert
worden, und das ist — wie ich vorausnehmen will — ganz verständlich,
denn das Problem war gelöst. Ich habe ebenso vergeblich darauf gewartet
, daß in den „Psychischen Studien ' über diesen recht lehrreichen
Fall etwas veröffentlicht würde, und habe wieder einmal erfahren
müssen, daß die Taktik der Okkultisten dahin geht, das ihnen Unbequeme
möglichst zu verschweigen. Inzwischen spielte sich folgendes ab:
Es entspann sich ein längerer Briefwechsel zwischen der Psychologischen
Gesellschaft und drei zum Studium des Okkultismus begründeten Vereinigungen
. Dabei ist das von Baerwald, Moll und mir ausgehende Anerbieten
, gemeinsam „okkulte" Erscheinungen zu untersuchen, mit so
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0099