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126 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1925.)
Erst der experimentellen Forschung werden genauere Feststellungen
über die Art des Geschehens möglich sein. Ihr muß vorbehalten
bleiben, festzustellen, inwieweit schon beim normalen Wahrnehmen
odische Prozesse mitspielen, inwieweit beim okkulten Erkennen
die Sinnesorgane, wenn auch in anderer Weise, mitbeteiligt sind. Gesetzt
den Fall, es gäbe eine rein fluidal vermittelte Erkenntnis, so wäre
auch diese nur mit sinnlich zu bezeichnen, denn wir haben es beim
Fluidalkörper und den Odstrahiungen mit energetischem, raumzeitlichem
Geschehen zu tun. Eben dieses muß mit größtem Nachdruck
festgestellt werden, denn in bezug hierauf wird vielfach mit naiver
Selbstverständlichkeit von einer Art seelischen oder geistigen Geschehens
gesprochen.
Im übrigen muß der experimentellen Forschung vorbehalten bleiben
, den Zusammenhang zwischen seelischem und entsprechenden energetischem
Geschehen weiter aufzudecken. Die vordem genannten Forscher
haben schon ein Stück auf diesem Wege zurückgelegt — aber zur
Zeit finden diese Probleme nicht die genügende Beachtung. Und doch
sollte ihre Klärung im Vordergrund des Interesses der okkulten Forschung
stehen — und Zweck dieser Zeilen ist es, nachdrücklich darauf
hinzuweisen und Arbeitshypothesen zu stellen.
Oberst de Rochas schließt aus seinen Beobachtungen in „Ausscheidungen
des Empfindungsvermögens": „Wir werden alsot annehmen
, daß bei jedem lebenden Menschen ein Fluid existiert, weiches
längs der Nerven kreist, so wie der elektrische Strom eines Telegraphennetzes
längs der metallischen Drähte kreist." Auf das Mitspielen der
normalen Sinnesorgane beim okkulten Wahrnehmen deuten manche
Aussagen sensitiver Personen. Die Seherin von Prevorst sagt (vom
Geistersehen): „Aber immer geschieht es mit dem geistigen Auge durch
das fleischliche. Sie ,sieht' die Geister nicht, wenn sie sich abwendet,
dann ,fühlt sie nur ihre Anwesenheit'." ,,Meine Augen sind wie an ihr
Bild gebannt." — ,,Mit geschlossenen Augen sehe ich sie nicht, aber
ich fühle ihre Gegenwart so genau, daß ich den Standpunkt, wo sie
stehen, mit geschlossenen Augen angeben kann."
Anny Besant spricht in der „Okkulten Chemie" über das Sehen der
Atome: „Diese letztere Methode besteht darin, das Bewußtsein durch
dsn bloßen Willen in den ätherischen Teil des Auges einzustellen, mit
dem festen Willen, da hindurch zu sehen. Durch sympathische Schwingungen
werden dann die Eindrücke entweder auf die Nerven des dichteren
physischen Teils übertragen und so die Dinge gesehen; oder es kann
auch vorkommen, daß nicht nur der ätherische Teil des Auges, sondern
auch der ätherische Teil des Gehirns zur Tätigkeit angeregt wird, so
daß das Ego Eindrücke dadurch erhalten kann." Im übrigen gehen
wohl die Theosophen, insonderheit Rudolf Steiner mit seiner Behauptung
von der Entwicklungsfähigkeit besonderer astraler Organe, etwas
weit. Dagegen deutet vieles darauf hin, daß okkulte Wahrnehmungen
erst durch das sympathische Nervensystem dem Zentralnervensystem imd
dann der Seele übermittelt werden.
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