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Peter: Phänomene in Island.
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großer Unterschied ist in der Schnelligkeit des Fortschreitens des einzelnen
. Es ist dort keine hoffnungslose Welt von ewigen Leiden. Ganz
im Gegenteil, es ist dort nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Gewißheit
, daß jeden schließlich eine Vollendung und Seligkeit erwartet,
aber nur dann, wenn Herz und Seele rein geworden sind — vollkommen
rein. Es gibt keine Vergebung der Verbrechen: jeder wird ernten, was
er gesät hat. Die Vervollkommnung vollzieht sich langsam durch Erfahrung
— dies hat Aehnlichkeit mit der buddhistischen Lehre.
Sie glauben an Gott, wie vorher, aber sie gestehen, daß sie nicht
mehr über Gott und das Endstadium der Vervollkommnung wissen, als
die große Menge.
„Ich weiß nicht," bemerkt Hannesson, „ob diese Lehren wahr oder
falsch sind, aber sie sind in vieler Hinsicht schön und enthalten einei
starke Aufmunterung, ein gutes Leben zu führen. Sie verleihen die
Hoffnung auf eine schließliche und allgemeine Gerechtigkeit. Keine
momentane Reue kann ein langes Leben von Lasterhaftigkeit aufheben,
aber sie ist der Beginn der Besserung. Grundsatz bleibt: Wie die Saat,
so die Ernte. Jeder muß seine Schuld bis auf den letzten Heller bezahlen
, aber es ist auch ebenso gewiß, daß jeder höher kommt, wenn
nicht hier, dann in der anderen Welt, früher oder später."
„Heimwärts wandert der Mensch — alle Wege führen zu Gott.
Lang ist der Weg — aber alle kommen schließlich heim."
*
Ich kann mir nicht versagen, die schönen Worte wiederzugeben,
die Prof. Hannesson an den Schluß des interessanten Berichts setzt:
„Die letzten hundert Jahre", sagt der geistreiche Gelehrte, „sind
ein wahres Zeitalter von Wundern gewesen. Die Welt hat größere Umwälzungen
erfahren, als je vorher. Die Dampfkraft hat die Meere überbrückt
und die entferntesten Gegenden verbunden; sie hat die ganze
Welt zu einer Gemeinde gemacht; sie hat ihre gigantischen Arme erhoben
, um Dinge zu vollbringen, für welche die menschliche Hand zu
schwach war. Die Elektrizität ist der gelehrige Diener in der Menschenhand
geworden; sie trägt das lebende Wort und den geschriebenen Buchstaben
durch die Luft und unter dem Wasser von einem Ende des Planeten
zum andern. Das menschliche Auge hat begonnen, mit unglaublicher
Kühnheit in die unermeßlichen Weiten des Himmels zu schauen,
wie auch in die unendliche Kleinheit der mikroskopischen Welt, welche
für Aeonen verborgen war und von der die Menschheit sich nichts träumen
ließ. Es sind die Quellen der Seuchen und der Pest aufgedeckt und
zum ersten Male in der Weltgeschichte sind sie besiegt. Ein magisches
Licht ist angezündet, das die ganze Welt erhellt. Niemals vorher hat
der Mensch sie in solch reichem und wundervollem Licht gesehen.
Diese mächtige Fackel war die Naturwissenschaft.
Und der große Wechsel war weit entfernt, nur die Oberfläche oder
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