Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 195
(PDF, 206 MB)
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Verweyen: Mystik und Monismus.

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Für die Stimmung der modernen Mystik wurde vor allem Goethes
Wort von einer gleichsam leitmotivischen Bedeutung: „Was war ein
Gott, der nur von außen stieße, im Kreise das All am Finger laufen
ließe! Ihm ziemt's Natur in sich, sich in Natur zu hegen, so daß was
in ihm lebt und webt und ist, nie seine Kraft, nie seinen Geist vermißt
!" In diesem oft erinnerten Ausspruch findet die Idee des Organischen
Anwendung auf das Verhältnis von Gott und Welt, die hier
inniger aufeinander bezogen werden als es einer äußerlich-mechanischen
Vorstellung entspricht. Es ist ein Irrtum zu meinen, daß dieses
Goethewort wesentlich über das erwähnte Pauluswort hinausführe. Es
teilt mit diesem die Mystik der Alleinheit und auch das Schillernde der
darin liegenden und genauer Erklärung harrenden pantheistischen Idee.

Schließlich verhält es sich mit dem mystischen Gefühl der Allein-
heit wie mit jedem Gefühl, insofern es erst durch gedankenhafte Bestimmung
aus dem Zustande der Verschwommenheit heraustritt. In
dem Zustande der unmittelbar erlebten Vereinigung mit der Gottheit
in der Ekstase war und ist offenbar der mystische Mensch als
solcher ganz uninteressiert an der theoretischen Deutung der panthei-
stischen Formel, erhaben über dem Verhältnis zwischen Pantheismus
und strengem Theismus. Das Interesse an dieser weltanschaulichen
Frage, an der Ausdeutung der Einheit von Gott und Mensch, erwacht
offensichtlich erst im Stadium einer von bestimmter Fragestellung beherrschten
Reflexion.

In diesem Fall ist die pantheistische Einheitslehre, ihrer strengen
theoretischen Auslegung nach der Mystik keineswegs wesentlich und die
allgemeine Redensart vom ,,Pantheismus der Mystiker" ungeschichtlich
. Beispielsweise Bonaventura und Bernhard von Glairvaux bieten
einen deutlichen Gegenbeweis, insofern sie ausdrücklich die Sub-
stantia Gottes und des Menschen gegenüberstellen.

Schon die mystische Vereinigung zweier Menschen, das Ineinander-
weben ihrer Gedanken und Gefühle, Stimmungen und Willensrichtungen
erweist sich keineswegs geknüpft an die Aufhebung der realen
Zweiheit individueller Wesen. Wenngleich es nach dem Worte einer
Romantikerin (K. v. Günderoda) „der Liebe ewig Sehnen ist: eins in
zwei zu sein, eins im anderen sich zu finden, daß des Wesens Grenzen
schwinden". — Angemerkt sei, daß die aus der kantischen Lehre von
der Unerkennbarkeit des Dinges an sich hergeleitete Einsicht in die
Unmöglichkeit der Erfüllung solcher Sehnsucht dem Leben H. v. Kleists
eine tragische Wendung gab und es in einem mystischen Liebestod
enden ließ.

Unabhängig von ihrer pantheistischen Ausprägung hat die Einheitslehre
noch Beziehungen zur Mystik, sofern sie die Einheit der sichtbaren
Natur und den Willen zu einer natürlichen Erklärung aller
Erscheinungen in sich schließt.

Der auf diesem methodischen Prinzip beruhende Monismus ist gestimmt
auf den Leitsatz: „Vom Jenseits zum Diesseits!" Er äußert sich
in dem folgerichtigen, unbeirrten Streben, alle im Rahmen unserer

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