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276 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1925.)
und von vornherein unwahrscheinlich sind wie die Ausscheidung mehr
oder weniger nebelhafter Stoffe, die die plastische Form jener Vorstellungsbilder
anzunehmen vermögen, deren Schöpferkraft ihre Ausscheidung
verursacht. (Die Parallele zur Menschwerdung ergibt sich
übrigens auch aus den vielfachen und zum Teil okkult-psychischen Beziehungen
zwischen Mutter und Kind. Bekanntlich wird das Medium
durch eine Zerstörung der Materialisationsprodukte schwer geschädigt.)
Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei Materialisationsphänomenen
und Telekinesen um pathologische Eigenschaften
ihrer Verursacher, und zwar um eine besondere Form
der II y s t e r i e. Während bei dieser bewußte Vorstellungen die
hysterischen Erscheinungen verursachen, sind die verursachenden Vorstellungen
bei Medien unbewußter oder fremder Herkunft, und die
Erscheinungen setzen in der Regel einen somnambulen Zustand voraus.
Man würde also etwa anzunehmen haben: Während die gewöhnliche
Hysterie nur körperliche Veränderungen hervorruft, die
dem Willenseinfluß sonst entzogen sind, kann die aus dem Unbewußten
stammende Hysterie der Medien gewissermaßen einen wenn auch unvollkommenen
Geburtsakt erzielen, indem sie freibewegliche,
sichtbare Gebilde erzeugt und fern wirken de Kräfte
entfaltet. Der bekannte Satz: „quaevis hysterica, mendax" würde uns
auch eine Erklärung dafür geben, daß selbst echte Medien, besonders
unter suggestivem Einfluß, bisweilen betrügen und entlarvt werden.
Das Rätsel unseres Körperaufbaues,*)
Von Dr. F Q u a d e , Berlin-Zehlendorf
Die Tiere sind in ihrer Mehrzahl Organismen, die sich die zui Auf-
rechterhaltung ihrer Lebcnsfunktionert notwendige Nahrung suchen, indem
sie sich von Ort zu Ort begeben. Entsprechend spielt das für die
Fortbewegung bestimmte System eine Hauptrolle in ihrem Körper und
überwiegt, seiner Ausdehnung und seinem Gewichte nach, die andern
Systeme. Gehören doch nicht nur die Beine, Flügel und Flossen zu diesem
System, sondern auch der größte Teil der Rumpfmuskulatur,
Nun verstehen wir wohl die Mechanik der Gliedmaßen und ihre
wunderbare Anpassung an die Erfordernisse des Laufens, Springens,
Fliegens und Schwimmens. Aber wir wissen nicht, welche Kraft sie bewegt
: kein sich ausdehnendes Gas wie beim Motor, kein gespannte^
Dampf wie bei der Dampfmaschine, kein durch* Drähte fortleitbarer
elektrischer Strom ist das treibende Etwas im Muskel. Chemische Stoffe,
die durch den Blut- und Lymphstrom dem Muskel zugeführt werden,
verbrennen dort unter Sauerstoffaufnahme flammenlos, wobei sich eine
*) Anm. der Redaktion. Wir bringen diesen Aufsatz unseres geschätzten
Mitarbeiters, eines Hauptvertreters der sog. Od-Theorie, ohne
uns mit den geistvollen und auf großer Belesenheit beruhenden Einzelheiten
zu identifizieren. Seine Ausführungen zeigen auch an mehr als
einer Stelle, daß die auf den neuesten psychologischen und chemischen
Forschungen gestützten Hypothesen eben doch nur — Hypothesen sind?
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