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Schneider: Grundlegung des Okkultismus als Wissenschaft. 531
erscheinen wird. Hier kann ich nur, da in erster Linie eine Uebersicht
über meine Auffassung des Parapsychischen gewünscht wird, in aller
Kürze folgendes angeben Der Naturraum hat keine dimensionale
Struktur, die allein dem psychischen Räume eignet, sondern hat nur
eine Kraftstruktur: die in der eigentlichen Ausdehnung gegebene Energiepotenz
— welcher Begriff von dem Naturphilosophen W. Ostwald
und dem Astronomen Ii. Seeliger begründet ward — wird bedingt durch
die Gravitation, durch die Schwerkraftwirkung der Massen aufeinander,
also durch eine Kraft, die hier das strukturierende! Moment ist. Im
Naturraume gibt es nur eine unanschauliche Kraftstruktur
, im psychischen Räume aber eine anschauliche Bewußtseinsstruktur
, eben die Perspektive. Bleibt uns nun diese unanschauliche Kraf tstruktur
wegen ihrer Unanschaulichkeit ganz unbekannt? Keineswegs.
Und damit ergibt sich uns eine überaus bedeutungsvolle Einsicht, die
auch das Zeitproblem erledigt. Ich versuche sie in folgender Weise darzulegen
.
Wie wir fanden, gehören die Vorstellungen der Zeit an, diese nun
aber wird von uns nicht in der gleichen Weise erlebt wie der Raum,
ja sie wird eigentlich überhaupt nicht erlebt. Das gilt wenigstens in
Hinsicht auf die Erinnerungen, in welcher Hinsicht wir sie allein zu
prüfen haben. Die Erinnerungen vollziehen sich ganz von selbst im Anschluß
an Wahrnehmungen, denen sich die gegebenen Vorstellungen
durch Berührungsassoziation zuordnen. Versuchen wir uns diese Situation
recht klar vorzustellen, so wäre etwa folgendes zu sagen. Die Objekte
gehören in den psychischen Raum hinein und sind hier auf Grund
von dessen starrer, dimensionaler Struktur fixiert. Das gilt für sie als
Wahrnehmungsinhalte, nicht aber gilt es für sie als Vorstellungen! Da
unterstehen sie nicht der fixierenden Kraft des sinnlichen Bewußtseins,
sondern sind Inhalte des Naturraumes mit seiner Kraftstruktur. Sie
sind dann nur Firmenschilder der Natur dinge, die sich hinter ihnen
verbergen, und von denen wir wissen, daß sie gravitativ aufeinander
wirken. Diese Gravitation kommt auch an den Objekten
zur Geltung, und zwar, wie selbstverständlich, in ihrem Verhältnis
zum Subjekt. Sie stellt sich hier dar als ein vom Bewußtsein unabhängiger
Zusammenhang der Objekte, der gegeben ist in der Assoziation
. Assoziation ist nichts anderes als im Bewußtsein sich geltend
machende, aber nicht durch das Bewußtsein bewirkte Gravitation. Durch
das Bewußtsein bewirkte Gravitation ist die perspektivische Anordnung
der Objekte im dimensional struierten psychischen Räume, aber dieser
Perspektive steht gegenüber die Assoziation, in der die natürliche Gravitation
der Dinge sich an den Objekten geltend macht und ihnen eine
gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Subjekt verleiht. Unsere
Raumansc hauung ist Auswirkung des Subjekts als
Bewußtseinsträgers auf die Welt, die Assoziation
aber i st Rückwirkung der Welt aufs Subjekt. Was aber
hat das mit der Zeit zu tun? Nun, ganz einfach folgendes. Ein Raum,
der nichts als Naturraum ist, ist die Z e i t. Das drücken wir auch klar
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