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Zeller: Tischners Geschichte des Okkultismus.
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fehlt uns heute ein Philosoph, der in seinem zugleich tiefen und umfassenden
Sinn unter voller Auswertung des kritischen Spiritismus die
Probleme von Gott, Welt und Seele deuten würde.
Eingehend und objektiv ist H e 11 e n b a c h S. 130—137 dargestellt
. Nur vermag ich nicht alle Ausstellungen an Heilenbachs Auffassungsweise
, die Ablehnung seiner Grundgedanken, transzendentales
Subjekt, Metaorganismus (dasselbe wie du Preis „Astralkörper"), spiritistische
Auffassung und Reinkarnationslehre, zu unterschreiben. AH
diese Begriffe scheinen mir durch die Forschungen eines du Prel, eines
Myers, eines Durvilie, eines de Rochas beinah experimentell gesichert
zu sein.
Immerhin steht Tischner diesem kritischen und tiefsinnigen Vertreter
der spiritistischen Auffassungsweise meist näher als etwa
einem Perty oder einem Aksakow.
Der Vorzug des Tischnerschen Werkes, ausgezeichnet klare, das
wesentlichste heraushebende, objektiv gehaltene Referate der einzelnen
Werke bzw. solche Urteile über ihre Verfasser zu geben, kommt gerade
in seiner Darstellung Heilenbachs voll und ganz zum Ausdruck.
Etwa dasselbe könnte man mutatis mutandis auch über seine Beurteilung
du Preis S. 236—245 sagen.
In der Gegenüberstellung Eduard von Hartmanns und Aksakows
S. 230—236 kommt freilich so recht die ganze Einseitigkeit des Tischnerschen
Standpunktes zum Ausdruck. Licht und Schatten werden
meiner Ueberzeugung nach hier gerade umgekehrt verteilt. Immerhin
fehlt es keineswegs an Kritik Hartmann und an gerechter Anerken-«
nung Aksakow gegenüber, wie überhaupt eine gewisse Ritterlichkeit
dem Spiritismus gegenüber, sobald dieser von materialistischer und
ähnlicher Seite in fanatischer Weise angegriffen wird, für Tischners
weitgehende Objektivität charakteristisch ist und auch den Spiritisten
mit vielen scharfen Urteilen des Verfassers aussöhnen kann.
Sehr objektiv ist auch seine Beurteilung der spiritistischen Hypothese
gelegentlich der Frage der Kreuzkorrespondenz S. 208 f. Ich
führe die wichtigsten in Betracht kommenden Sätze, die mir, soweit
Urteile in Frage kommen, das wertvollste an dem Tischnerschen Werk
zu sein und zugleich eine Brücke zu der kritisch spiritistischen Auffassung
hinüberzuschlagen scheinen, hier an:
„Was den Erklärungswert der spiritistischen Hypothese für den
ganzen Fragenkomplex angeht, so ist zu bemerken, daß man durchaus
nicht sieht, wie man sie streng beweisen kann, es wird immer nur ein
kumulativer Indizienbeweis sein. Aber es ist zugegeben (soll es nicht
richtiger heißen ,zuzugeben'? Ref.), daß dieser Indizienbeweis mit der
Zeit auf Grund der verschiedensten Methoden des Identitätsbeweises
vielleicht eine beachtenswerte Stärke bekommt, und es wäre möglich,
daß auch die Wissenschaft ernsthaft mit dieser Hypothese zu rechnen
haben wird, wenn die verschiedenen Methoden immer wieder andere
Erklärungen verwickelter Art nötig machen würden, während die
spiritistische von bestechender Einfachheit bleibt", S. 208.
Auf der Grundlage der Formel: „Die spiritistische Auffassung ist
möglich" könnten sich Animisten und Spiritisten die Hand reichen
und jeder den anderen ruhig gewähren lassen. Es scheint auch wirklich
, daß eine derartige Synthese mit der Zeit erreicht wird. Anzeichen
für eine solche Verständigung sind bereits vorhanden.
In seiner unmittelbar diesen Darlegungen folgenden Darstellung
der Grundgedanken von Frederic Myers kommt etwas von diesem
versöhnenden Geist, der neben dem polemischen das Tischnersehe
Werk charakterisiert, zu erfreulichem Ausdruck. Myers kann wohl
als einer der geistvollsten Vorkämpfer der kritisch-spiritistischen Auffassung
, deren beste Vertreter mir heute Bozzano, Lodge, Geley, Peters
und Lambert zu sein scheinen, bezeichnet werden. Seine An-
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