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Schrenck-Notzing: Der physikal. Mediumismus im Lichte d. Gegner. 635
aber nicht gesagt, daß der Zettel nicht einer von denen war, die ich von
einem Blatt abgerissen und verteilt hatte. Er hat auf einem andern
Zettel geschrieben. ,
Dr. Lassabliere, — „Nein, gewiß nicht, Herr Kahn! Ich habe auf
dem Zettel geschrieben, den Sie mir gegeben haben, dessen bin ich
sicher/'
Kahn, — „Das ist nicht möglich. Ich habe nicht gefühlt, daß
das Papier, das Sie in Händen hatten, das war, das ich berührt hatte.
Ich täusche mich nie dabei."
Dr. Lassabliere — „Nun, Sie täuschen sich diesmal doch! ..
Kahn. — „Ich irre mich ganz bestimmt nicht."
Herr M. Fraisse, — „Vielleicht haben Sie Unrecht, Herr Doktor,
so bestimmt zu sprechen. Ich denke, daß Herr Kahn vielleicht recht
hat, denn ohne daß ich dessen ganz sicher bin, so glaube ich mich
doch zu entsinnen, daß ich Sie habe schreiben gesehen, dann das Papier
fortwerfen, und dann von neuem schreiben. Erinnern Sie sich . .
Dr. Lassabliere, der die Herren Kahn und Fraisse überzeugen
wollte, daß dem nicht so ist, untersucht den Tisch und den Boden, er
findet kein fortgeworfenes Papier. Sein Suchen fortsetzend faßte er
mit den Händen in die unteren Taschen seiner Jacke. Seine rechte
Hand zieht daraus eine kleine Papierkugel heraus. Er entfaltet sie
und findet darauf einen Teil des Verses von Victor Hugo geschrieben,
den Text seines eigenen Versuches. „Das ist unwahrscheinlich," ruft er,
„und doch ist es wahr! Ich entsinne mich jetzt, was vor sich ging.
Der Anblick des Zettels bringt mir es wieder in Erinnerung. Wegen
eines schlechtgeschriebenen und dann verbesserten Wortes wollte ich
noch einmal anfangen, und ich wiederholte den Satz auf einem andern
Stück Papier. Die Unwichtigkeit des Vorgangs hat ihn mich vergessen
lassen. Ich bin froh darüber!"
Durch die obigen und die in der vorigen Nummer erschienenen
Berichte hat der Leser nunmehr eine Kenntnis der gewöhnlichen Produktion
der merkwürdigen Fähigkeit von Kahn.
Wenn das experimentelle Studium, mit dem wir beschäftigt sind,
beendet ist, werde ich hier die Ergebnisse der Untersuchung dieser
Seite der Kryptaesthesie, die ein beschränktes, aber genaues und sehr
lehrreiches Bild bietet, bekannt machen.
Der physikalische Mediumismus im Lichte der Gegner.
Von Dr. med. A. Freiherrn von Schrenck-Notzing, München.
„Der physikalische Mediumismus", von Dr. med. W. von Giilat-
Wellenburg, Neurologe und Psychiater in München, Graf Karl v. Klinke
wstroem in München und Dr. med. Hans Rosenbusch, Internist und
Nervenarzt in München. 4 9 4 Seiten. (Mit Abbildungen im Text und
i5 Kunstdrucktafeln) 1925. Verlag Ullstein. Preis geb. M. 18.—, ist
nunmehr als erster Teil des „Okkultismus in Urkunden" erschienen.
Die verantwortliche Herausgabe des Buches war von Professor Dr. Des-
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