Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 683
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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Wagner: Die Vernunft der Pflanze.

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Spricht: ,,Mein Ich ist ein Teil des Welt-Ichs! Das iIch-Bewußtsein,
die Ich-Vorstellung stellen nur höhere Stufen der Ich-Tätigkeit dar/4
Diie Vernunft der Pflanze, ihr „Seelenleben" drückt sich auch in
den Erscheinungen ihres Sinneslebens aus. Freilich ist das pflanzliche
Seelenleben ein „anderes", als das des Menschen, So kennt die Pflanze
keinen Schlaf, ihre Winterruhe ist lediglich von außen aufgezwungen.
Im Gegensatz zu Mensch und Tier wächst die Pflanze ununterbrochen
bis zu ihrem Lebensende. Außerordentlich interessant aber auch nur
an der Hand des Originalberichtes voll zu würdigen, ist Wagners
Schilderung des Problems der Doppelbefruchtung, wie sie sich bei ein
Endosperm bildenden Pflanzen zeigt Hier sind zwei Individualitäten
im Samen enthalten, von denen sich die eine als Nährgewebe für das
zweite werdende Individuum opfert. Auch hierbei stoßen wir auf tiefe
Mysterien. Ein Hochgenuß für den verstehenden Leser sind Wagners
Darstellungen der Sinnlichkeit der Pflanze. Die Arbeit der Pflanze
ist rastlos und vollzieht sich unter Verwendung der verschiedensten
mechanischen Möglichkeiten. Mangel an Wasser veranlaßt die Pflanze,
in den Wurzelzellen gewaltigen osmotischen Druck zu erzeugen, wobei
sich die Vernunft in der Regelung der Wasserzufuhr und der Auswahl
der die Osmose bewirkenden Stoffe ausdrückt. Für uns Menschen ist
es schwer, einen Eindruck der Pflanzenbewegung wegen der Langsamkeit
derselben zu erhalten, sie ist aber intensiv vorhanden, wie Referent
selbst an dem wundervollen, auf dem Naturforschertag in Innsbruck vorgeführten
, mit Zeitraffung hergestellten Pflanzenfilm „Wachsen und
Blühen" erkennen konnte. Die Pflanze antwortet auf Reize, so z. B.
durch Aenderung der Wachstumsrichtung, jedoch sind diese Reizursachen
psychologisch aufzufassen als Motive. Es besteht eine sinnliche
Wahrnehmung! Die Pflanze ist auf allseitige Betätigung ihrer
Sinnlichkeit ^angewiesen, sie besitzt einen statischen Sinn (Statolithen-
stärke in der Wurzel und ihre Erneuerung),^ der mit Schwerkraftreizen
arbeitet, eine Lichtempfindlichkeit (Dunkelreaktion bei Vergeilung), eine
besondere Regenerationsfähigkeit (Antwort eines Baumes auf den Verlust
des Gipfeltriebes durch Ersatz in Form eines Seitentriebes, der
zum Gipfeltrieb auswächst). Ueberail finden wir Sinnlichkeit, nicht nur
einen Licht-, Lage-, ichemischen Sinn, sondern auch einen Tastsinn
(Ranken), Temperatursinn (Schließen der Pflanzen am Abend). Es gibt
bei der Pflanze keine Beziehung zwischen Wachstum und Umwelt die
nicht sinnlicher Natur wäre. Wie schon erwähnt, wirken die Urnwelteinflüsse
,,motivisch" und die pflanzlichen Vorgänge zeigen Antwortcharakter
. In der mechanistischen Ansicht von Millionenkombinationen
von Zufälligkeiten liegt eine große Sinnwidrigkeit, eine unhaltbare
Schabionisierung, und der Einwand gegen die Annahme einer
Sinnestätigkeit der Pflanze^ der sich auf das Fehlen von Gehirn und
Nerven stützt, ist durchaus nicht stichhaltig. Gehirn und Nerven stellen
nur Steigerungen, Vervollkommnungen der organischen Technik dar,
aber nichts prinzipiell Neues in dem auf plasmatischer Grundlage ruhenden
Leben.

Somit kommt Wagner zu ,,Ausklang und Auftakt". Wir sehen
im Leben der Pflanze den Ausdruck eines Lebenswillens, und wo
Lebens w i 11 e ist, da ist auch ein Lebens g e f ü h 1. Was die Pflanze
jedoch fühlt, ist nicht zu sagen. Sie besitzt ein, wenn auch nur primitives
Erkenntnisvermögen, jedoch keine „Fernsinne", auf deren Tätigkeit
sieh der „Verstand" aufbauen kann. Das vegetative Leben der
Pflanze steht weitgehendst im Dienste der Sinnlichkeit, während es
beim Tier dieser entzogen ist. Die Pflanze muß ein allgemeines Lebensgefühl
besitzen — auch wir leben, weil wir leben müssen — den
Zweck kennen wir nicht. Die Fortpflanzung stellt einen Gattungsinstinkt
dar, läßt jedoch die individuelle Zweckkenntnis vermissen. Die
Fremdzweckmäßigkeit, wie sie in der Erscheinung der Pflanzenzellen


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