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Tischner: Crookes und die Metapsychik
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Es ertönten auch Worte und eine Stimme fragte: „Bist du es, Willi?'*
Diese Worte erregten wohl seine gespannte Aufmerksamkeit, aber sie
konnten seine Kritik nicht einschläfern, er verließ diese Sitzung traurig
und verwirrt. In einer andern Sitzung mit einem andern Medium
erhielt er die Photographie eines weiblichen Kopfes, aber da es keine!
Aehnlichkeit mit seiner Frau hatte, legte er ihm keine Bedeutung bei.
Auch den berühmten „Hope Cirele" in Crewe besuchte er. Er
nahm seine eigenen Platten mit, legte sie selbst in die Kassetten u;nd
zeichnete die Platten mit seinem Namen. Er erhielt ein Bild, da$
unverkennbare Aehnlichkeit mit seiner Frau hatte, und er war, obwohl
nach Angaben seines Assistenten die Platte klare Zeichen einer doppelten
Exposition zeigte, davon überzeugt, daß er eine echte Geisterphoto-
graphie erhalten habe. In seinen Briefen an eine Freundin kommt
er öfter darauf zu sprechen. „Das Bild muß ein kleiner Trost sein,
sie beweist die Fortdauer des Selbst, nachdem es durch die Veränderung
gegangen ist, die wir Tod nennen. ,Wenn einer überlebt, überleben
wir alle." Er wünscht nicht, daß die Photographie, die {ihm
heilig ist, im Publikum bekannt wird. —
Durch diese Mitteilungen erfahren wir über Crookes Stellung zum
Spiritismus manches Neue. Bisher kannten wir seine Stellung zum
Spiritismus hauptsächlich aus seinem Briefe an eine Russin, die ihn
über diesen Punkt gefragt hatte. Er sagt darin: ,,Ich habe Hunderte?
von Mitteilungen erhalten, weiche von abgeschiedenen Freunden zu
kommen vorgeben; aber sobald ich den Beweis zu erhalten suche, daß
sie wirklich die Individuen sind, welche sie zu sein vorgeben, so halten
sie nicht Stich. Kein einziger ist imstande gewesen, die notwendigen
Fragen zu beantworten, um seine Identität zu beweisen - . . Alles wovon
Ich überzeugt bin, ist, daß unsichtbare intelligente Wesen existieren,
welche die Geister abgeschiedener Personen zu sein vorgeben; aber
die Beweise, welche ich dafür fordere, habe ich noch niemals erhalten."
(Siehe den vollständigen Abdruck in „Materialisationsversuche" von
Crookes, Leipzig 1993.)
Wir sehen also bei Crookes einen gewissen Widerspruch und
Unfolgerichtigkeit in seiner Stellungnahme zu dieser Frage. Während
er schon Sylvester 1869 glaubt sich mit seinen abgeschiedenen Freunden
zu unterhalten, ist er nach außen skeptischer und er äußert sich nie
so positiv, ohne allerdings die spiritistische Theorie abzulehnen, denn
wenn er in dem Brief davon spricht, daß er davon überzeugt ist, daß
unsichtbare intelligente Wesen existieren, so wird man diese Wesen
wohl in die Klasse der Geister einordnen dürfen.
Man wird diesen gewissen Widerspruch seiner Aeußerungen nicht
einfach darauf zurückführen müssen, daß er Angst davor hatte, sich
als Spiritist in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes zu bekennen,
obwohl das mitgesprochen haben mag. Zum Teil wird dieser Widerspruch
dadurch geklärt, daß er sich vor der Oeffentiichkeit anders»
einstellte. Er war sich bewußt, daß in strengem Sinne kein wissenschaftlicher
Beweis für den Spiritismus vorliege, während er vor sich
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