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742 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 12. Heft. (Dezember 1925.)
Stühle sich bewegten, die Marwitz desgleichen. Als das Grabgewölbe
in Baireuth zur Beisetzung meines Schwagers geöffnet
wurde — es ist ähnlich wie das in Berlin —, fand man es voller
Blut, und beim Nachsuchen sah man, daß das Blut in Strömen
aus dem Sarge der Großmutter des verstorbenen Markgrafen
quoll. Ueber tausend Personen haben es gesehen und die Finger
in die Spalten des Sarges gesteckt und sie blutbedeckt wieder herausgezogen
. Es ist dem Markgrafen gemeldet worden, und ich will dahin
wirken, daß der Sarg geöffnet wird, um zu sehen, woher das kommt.
Bitte sprich mit Fachleuten darüber, ohne meinen Namen zu nennen;
ich möchte wissen, welchen Grund sie dafür angeben können. Wäre
die Sache nicht so völlig sicher, ich glaubte es nicht.
Baireuth, 28. XII. 1733.
Was die Geister betrifft, so finde ich überall nur Thomasse. Trotzdem
ich auch ein Thomas bin, kann ich Dir versichern, es sind hier
so übernatürliche Dinge geschehen, daß man nicht weiß, was man
davon halten soll. Man hat alles gründlich untersucht, und es gibt hier
sehr beherzte Leute, die den Dingen auf den Grund kommen wollten,
aber man hat nichts entdeckt. Was willst Du mir antworten, wenn ich
Dir sage, daß der Fußboden im Zimmer der Oberhofmeisterin sich
bewegt und geschwankt hat? Jemand, der aufgestanden ist
— denn es war bei Nacht — ist beinahe hingefallen, und gleich darauf
gab es einen Krach wie ein Pistolenschuß, und der Fußboden war
wieder so fest, daß man Tage gebraucht hätte, um ihn aufzureißen.
Die Oberhofmeisterin, die Marwitz und zwei Mädchen, die alle im
gleichen Zimmer schlafen, haben es gesehen, ohne zu erschrecken.
Den Stuhl hat man gepackt und mitten ins Zimmer geworfen; dort
hat er sich dreimal hintereinander aufgerichtet. Was
willst Du mehr? Seit ein paar Wochen ist alles wieder still. Am Tage,
wo mein Schwager begraben wurde, hat die ganze Stadt gesehen, wie
der große Saal hier voller Menschen war. Man ist dreimal
hineingegangen, und er war leer. Trotzdem ist ausgeschlossen, daß
alle diese Leute sich verabredet haben. Sie waren allesamt vor den
offenen Fenstern zusammengelaufen. Da muß ich doch sagen, daß es
viele geheime Dinge in der Natur gibt, die über unseren Verstand
gehen und die wir nicht ergründen können . . .
Wir lesen in den „Leipziger Neuesten Nachrichten", 24. 10. 25.:
Zu unseren Berichten über den Bernburger Hellseherprozeß erhalten
wir folgende interessante Zuschrift des berühmten Geigers F 1 o r i-
z e 1 von Reuter: Vor etwa sechs Wochen befand ich mich mit
meiner Mutter in New York. Meine Mutter besuchte damals einen Hellseher
, der ihr interessante und ganz zutreffende Mitteilungen machte,
welche allerdings möglicherweise auf Gedankenübertragung zurückzuführen
wären. Darauf entschloß sich meine Mutter, den Hellseher auf
eine harte Probe zu stellen. Ungefähr zehn Tage vorher hatte ich
einen Brief erhalten. Meine Maliter wußte zwar von der Existenz
dieses Briefes, hatte aber von dessen Inhalt keine Ahnung und wußte
auch nicht, wo der Brief aufgehoben war. Um den Hellseher auf die
Probe zu stellen, verlangte nun meine Mutter, daß der Hellseher ihr
nicht nur den genauen Inhalt des betreffenden Briefes angeben sollte,
sondern daß er ihr auch beschreiben sollte, wo der Brief augenblicklich
läge. Der Mann saß etwa 5 Minuten mit geschlossenen Augen, dann
sagte er langsam aber sicher: ,,Der Brief liegt unter Leder, Sammet
und Holz." (Ich hatte nämlich, wie ich in wichtigen Fällen ab und zu
zu tun pflege, den Brief in meinen Geigenkasten unter die Geige gelegt
. Der Kasten hat einen Lederbezug und die Geige ist durch eine
Sammetdecke geschützt.) Dann las der Hellseher, genau als ob er dem
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