Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1956/0092
stehen die Heiligen Johannes der Evangelist, Sebastian nnd Martin und ganz
oben der Erlöser (dieser ist gebildet wie auf den Holzschnitten von H. Baidung
und Meister H. L.). Die Figuren sind vielleicht mit Hilfe von Gesellen gearbeitet
. Der gestreckte, bewegte Aufbau des Ganzen steht in einem eigentümlichen
Gegensatz zu der breiten, raumhaltigen Gliederung im Schrein. Für diese gibt
es ein in manchen Zügen verwandtes Vorbild: das Epitaph der Familie Per-
genstörffer in der Frauenkirche zu Nürnberg15 (Abb. 7). Es wurde um
1498/99 von dem Nürnberger Meister Adam Kraft aus Sandstein gemeißelt
und befand sich ursprünglich im Kreuzgang des Augustinerklosters. Dort hat
man es 1816 mit dem Bauwerk abgebrochen und in der Frauenkirche eingemauert
. Bei diesem Werk handelt es sich nicht um einen Altar, sondern um
eine Gedenktafel für eine Familie, das Relief ist daher flacher, dennoch hat
Meister Kraft dabei die Form eines Altars abgewandelt, doch sind leider
heute die freistehenden Maßwerkteile abgebrochen, die dem Gesprenge eines
Altars ähnelten, so daß der Abschluß nach oben heute zu fest erscheint.

Im Pergenstörfferschen Epitaph wie im Locherer-Altar überragt die Schutzmantel
-Maria, kräftig und stark vortretend, die reliefhaft hintereinander- und
übereinander gestaffelten Knienden. Die Figuren füllen in ähnlicher Weise
und Anordnung den Bildraum (in Nürnberg knien links alle Stände, rechts
die Familie Pergenstörffer). Die Muttergottes entspricht in Typus und Stand
der des Locherer-Altars, obwohl sie das Kind anders hält und das Faltenspiel
ihres Gewandes völlig anders ist. An ihr sind weichere, zarter gebrochene und
fließendere Falten gegenüber den schwerfallenden oder wirbelnd zusammengedrehten
Formen der Locherer-Maria. Das sind altertümliche Züge. Auch die
Engel sind in Nürnberg traditionell als priesterlich gekleidete Jünglinge in
langen Gewändern dargestellt. Zwei halten herabschwebend den Mantel, zwei
eine Krone über Maria. Dagegen sind die Engelchen im Locherer-Altar kleine
Naturburschen, die ihre Abstammung von antiken Eroten und von den italienischen
Renaissanceputten nicht verleugnen. Diese Engelchen wie die der
oben erwähnten Steinkonsolen im Freiburger Münster haben ihre nächsten
Verwandten ebenfalls in Nürnberg in den Trompetenengeln auf dem Rahmen
von Dürers Allerheiligenbild16. Das Werk A. Krafts ist altertümlicher,
gotischer, aber außer der allgemeinen Anordnung und einzelnen Übereinstimmungen
der Figuren ähneln sich auch Einzelheiten der Architektur wie
die seitlichen Nischenbekrönungen oder die merkwürdigen, sich brückenartig
übergreifenden Sockel der rahmenden Architektur im Locherer-Schrein und
an der Inschriftplatte des Epitaphs. Diese Übereinstimmungen gehen über
eine allgemeine Stilverwandtschaft hinaus. Man möchte darum vermuten, daß
Sixt von Staufen das Werk des Nürnberger Meisters kannte. Wie aber konnte
das möglich sein?

Es gab am Anfang des 16. Jahrhunderts noch kaum Abbildungen von
Kunstwerken durch Stiche und diese waren eigentlich auch nur für religiöse
Verehrung bestimmt, wurden jedoch gelegentlich als Konipositionsvorbilder

15 H. Höhn: Nürnberger gotische Plastik. Nürnberg, 1922, S. 118, Abb. 74 Den Hinweis
auf die Ähnlichkeit des Epitaphs und des Locherer-Altars veröffentlichte ich
schon im Katalog der Ausstellung im Freiburger Augustinermuseum 1946:
„Meisterwerke mittelalterlicher Kunst in Baden", S. 25.

16 H. Höhn: Nürnberger Renaissance-Plastik. Nürnberg, 1924, Abb. 35 und 37,
Text S. 7 und 163.

92


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1956/0092