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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 216
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Kasperl Larifari vorbehalten und wiederum fast nur in Monologszenen, wo
die Improvisation ihr Recht beanspruchen durfte, ohne den Spielablauf als
solchen aufzuhalten. Dann war sie allerdings von größtem Elan und fast
unerschöpflicher Fülle. Jeder Zuruf aus dem Publikum wurde blitzschnell
beantwortet; Fragen an die Zuhörer aktivierten deren Teilnahme, und besonders
die Geschenke, Lorbeerkränze, Pralinenschachteln, Weinflaschen und
„Landjäger", die dem Kasperl von seinen Verehrern hinaufgereicht wurden,
gaben Anlaß zu improvisierten Kleinszenen sondergleichen. Man muß das
damals wie später selber gesehen haben, um es ganz zu verstehen: wie der
Kasperl da ein großmächtiges Paket von immer neuen Hüllen befreite, bis
schließlich der süße Inhalt zum Vorschein kam; Papier um Papier wird sorgfältig
abgestreift und ebenso sorgfältig zusammengefaltet; die Schnürle werden
pedantisch aufgewickelt. . . Man sieht: hier geht man ernsthaft und genau
vor: freilich nur, um dann das zur weiteren Verwendung fast hausfraulich
behandelte Packmaterial in hohem Bogen über die Rampe zu werfen .. . Denn
so ist der Mensch (und der Kasperl): er sorgt für die Zukunft, aber er vergißt
sie sogleich wieder, wenn es gilt, den beigefügten Brief zu lesen (und zwar
laut), ihn zu kommentieren, und immer wieder dazwischen einen jener durchdringenden
Blicke in den Zuschauerraum zu werfen, die den Kasperl Schücks
in Freiburg berühmt gemacht haben. Denn diese verschmitzte Physiognomie
konnte den Zuschauer fixieren. Wenn er zu Beginn der Aufführung vor dem
Vorhang erschien und die Damen aufforderte, ihre (damals so umfangreichen)
Hüte herabzunehmen, „damit die, wo hintn dran sitzn, auch was sehen
können", so mochte es geschehen, daß eine Madam' dieser Aufforderung nicht
folgte. Der Kasperl sprach dann nicht weiter. Er schaute. Die schwarzen
Knopfaugen durchbohrten die Sünderin, und immer wieder geschah es dann,
daß dieser stumme und mahnende Appell der kleinen Gestalt mit der roten
Mütze wirkte: die Betroffene wurde verlegen, während Gelächterwellen durch
den Saal rieselten, sie nahm schließlich den Hut ab, und man konnte anfangen
. . .

Mit einer durch den ersten Weltkrieg erzwungenen Unterbrechung folgte
nun, meist jeweils in zwei Wochen um den Jahreswechsel, Spielzeit auf Spielzeit
. Immer neue Stücke kamen hinzu. Im Februar 1914 spielte Schlick Poccis
„Kasperl als Nachtwächter" und „Kasperl als Prinz". Schon in dieser zweiten
Spielzeit zeigte es sich auch, daß Schücks Kasperl die Dichter nicht schlafen
ließ: mit dem „Schloß am Meer" von Jeremias Kottspiel, einem Breisacher
Verfasser10, wurde ein erster Versuch mit einem eigens für den Freiburger
Kasperl geschriebenen Drama gemacht. Nach der Pause des Krieges erschien
für kurze Zeit 1919 das sehr aktuelle einaktige „mit ungeheurer Zauberei
vermischte Drama" „Kasperl auf der Hamsterfahrt oder Kasperls Abenteuer
im Mooswald", als dessen Autor ein gewisser Alexander Pepusch zeichnete.
1920/21 folgte die erste vieler Spielzeiten im Freiburger Realgymnasium in
der Zähringer Straße, dem Schlick nun als Zeichenlehrer angehörte, mit
wiederum einer Uraufführung neben bereits gespielten Stücken: „Kasperl
heiratet" von W. Hagestolz11 (Abb. 1, 4). 1922/23 hieß die Novität „Kasperls
Kampf mit den Höllengeistern" von Pepusch (Abb. 3). Bis dahin hatten alle

10 Pseudonym für den Mathematiker Prof. Dr. Adolf Leiber, Breisach.

11 Pseudonym für den am Freiburger Diakonissenhaus tätigen Internisten Prof. Dr. S c h ü 1 e.

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