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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1959/0062
glesser eines jeden nur ain, und in allem vier stuckh zuekhomen seyn." Der
Erzherzog wurde um eine Entscheidung gebeten. Als Preis wurden für das
glatte Glas 45 Gulden, für das „eckhete" 40 Gulden und für beide Schalen
zusammen 60 Gulden verlangt. Es handelte sich nach der beigelegten Zeichnung
(Abbildung 1) um zwei Deckelpokale (einer davon vieleckig) und zwei
Schalen, alle mit flachkugeligen Füßen und Balusterschäften. Die Pokale und
Schalen waren in Freiburg geschliffen worden und sollten von Tannberger
dekoriert werden. Die Zeichnung zeigt, daß der häufig für Böhmen beanspruchte
Kristallschliff in Freiburg eine Konkurrenz hatte und in Innsbruck
mit Hans Tannberger auch ein Glas- und Kristallschneider ansässig war, der
den künstlerischen Dekor besorgte, eine Kunstgattung, die man in dieser
frühen Zeit bisher ebenfalls nur am Prager und Münchner Hof beheimatet
glaubte. Da Tannberger nicht nur Kristall-, sondern auch Glasschneider war,
ist für Innsbruck wenige Jahre nach den ersten Glasschnittarbeiten Kaspar
Lehmanns in Prag (1609) ein Meister dieses neuen Kunsthandwerks bezeugt.

Tannberger war seit 1625 an der Hoftafel mit der täglichen Reichung von
einer Maß Wein und zwei Semmeln beteiligt und erhielt außerdem einen
Monatssold von 10 Gulden. Als ihm 1627 aus Ersparnisgründen die Floftafel
entzogen und der Gehalt auf jährlich 100 Gulden gekürzt wurde, erklärte er
1629 als alter Mann damit nicht leben zu können und drohte mit seiner Kündigung
. Der Streit wurde aber nicht mehr ausgetragen, denn um 1630 starb
der Meister. Seine Brüder Stefan und Urban Tannberger mußten mit dem
Nachlaß eine größere Schuldenlast übernehmen und baten den Erzherzog um
Bezahlung der Apotheker- und Begräbniskosten in der Flöhe von 45 Gulden
und 41 Kreuzern.

Sie wollten ihm dafür die beiden letzten unbezahlten Arbeiten Hans Tann-
bergers kostenlos überlassen: „das Christalen, zwar nit gar ausgemachte bild
Unser lieben Frauen Hilf und das gantz ausgemachte Stuckh, darinnen ein
Crucifix neben den zwayen Schächern, wie auch darundter unser lieben Frau
und S. Anna." Daraus ergibt sich, daß Hans Tannberger ein wirklicher Künstler
des Kristallschnittes war, der auch Reliefs zu schneiden verstand, wieder
ein Beweis, daß der künstlerische Kristallschnitt nicht nur am Prager Flof
beheimatet war. Auf Tannberger folgte scheinbar der aus Freiburg zugewanderte
Kristallschneider Georg Deck, der bis 1645 in Innsbruck erwähnt
wird (Legner, Seite 177, Anmerkung 31). Als letzter Kristallschneider am
Innsbrucker Hof wird 1660 Hans Georg Deck genannt20. Dann wurde
mit dem Aussterben der tirolischen Regentenlinie 1665 der Innsbrucker Hof
aufgelöst.

Immerhin hat die Freiburger Kristallschleiferei zusammen mit künstlerisch
begabten Kristallschneidern in Freiburg und am Innsbrucker Flof
durch 200 Jahre eine bedeutende Rolle gespielt. Die Kristallschneider Kaspar
und Plans Tannberger dürften in ihrer Zeit einen guten Namen gehabt haben.
Die spätere Unkenntnis über die Werke ließ auch ihre Namen in Vergessenheit
geraten.

Am Schluß sei noch eine mit größter Wahrscheinlichkeit der Freiburger
Kristallschleiferei zuzuweisende Arbeit erwähnt. Das Tiroler Landesmuseum
besitzt einen Löffel (Inventarnummer GO 211), dessen Stiel aus Elfenbein und
geschliffenen Kristallstücken besteht. Er stammt aus der zweiten Hälfte des

^0 Hofpfcnnigniaister Arnpt Coppei Raittung 1660, f. S6, Landesregierungsarchiv Innsbruck.

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