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Gewohnheit37, und daß man sich in Baden dabei an den Stadtschreiber Zäsi
wandte, lag mehr als nahe. Das von Zasius beurkundete Geschäft hat aber, wie
die Badener Urkunden zeigen, nie die Bestätigung des Bischofs erhalten, die
sonst pflichtgemäß eingeholt wurde. Der mit der Frühmeßpfründe beliehene
Priester Kunrat Endiger ist in Baden offenbar gar nicht aufgezogen; sein Name
taucht im örtlichen Urkundenbestand nicht mehr auf und erscheint auch nicht
in Konstanzer Investiturprotokollen. Ein halbes Jahr nach der Fertigung des
Instruments durch Zäsi stiftete der Leutpriester zu Baden. Johannes Stapfer
von Brugg, eine ewige Meßpfründe in die Pfarrkirche zu Baden, die alsbald,
knapp einen Monat später, vom Bischof von Konstanz bestätigt wurde38. Wir
sind wohl berechtigt, hierin eine hinreichende Erklärung für das Fehlen des
Signets zu sehen: die Urkunde wurde aus Gründen, die sich uns im einzelnen
entziehen, nicht gebraucht, die Besetzung der Pfründe mit dem vorgesehenen
Kandidaten unterblieb. Am Wert des Stückes für unser Wissen um des Zasius
Notarstätigkeit ändert sich dadurch wenig: daß er dasselbe Signet verwendet
hätte wie einige Monate zuvor beim Schaff hauser Instrument, ist angesichts
der Beständigkeit des einmal gewählten Notarszeichens gewiß; daß er die
Urkunde beglaubigt und, wenn auch nicht geschrieben, so doch diktiert hat,
läßt immerhin zu, über „Zasius als Notar" auch über die Tatsache hinaus zu
sprechen, daß der Beweis für solche notarielle Tätigkeit eindeutig erbracht ist.
III.
Damit kommen wir zu einer angesichts der schmalen urkundlichen Grundlage
kurzen, doch aber in einigen Punkten sicheren Würdigung der Tätig-
keitUlrich Zäsis als Notar. Wann sie eingesetzt hat, muß offen bleiben
; es ist möglich, daß ältere als die dem Jahr 1492 angehörigen Stücke zum
Vorschein kommen. Fest steht aber, daß Zasius „von keiserlichem gewalt ein
offner notari" - - so und fast wörtlich beide Instrumente - - war, wobei der
Sacri Imperii auctoritate bestellte notarius publicus seine Würde durchaus
nicht nur vom kaiserlichen Hof, sondern auch vom im Namen des Kaisers tätigen
Hofpfalzgrafen erhalten haben kann. Im Badener Instrument setzt der Stadtschreiber
die Bezeichnung „ein ley" hinzu, was im Hinblick auf den Adressaten,
die bischöfliche Kurie in Konstanz, der Gewohnheit entspricht; sonst sind, vorab
in kirchlichen Geschäften, Zusätze wie „clericus" (mit Angabe der Diözese, in
der die Weihen empfangen wurden) oder „clericus uxoratus" (Klerikernotare
hatten oft nur niedrige Weihegrade erhalten, die einer Verheiratung nicht entgegen
standen) üblich39.
37 Nach der Stiftungsurkunde von 1385, die teilweise in das Instrument übernommen worden ist, soll der
Priester der von der Stadt Baden gestifteten Mefipfründe vor einem „publico" (seil, notario) schwören
und Instrument geben: Urk. Stadtarch. Baden I n. 171. Als 1491, Febr. 1 die Pfründe des St.-Mauritius-
Altars in der Pfarrkirche zu Baden besetzt wurde, fertigte Lucas Lütprand, clericus coniugatus Con-
stant. dioc, publ. sacra imp. auet. notarius neenon in causis matrimonialibus in et circa oppidum Baden
ctuie Oonstanr. com missa rius generalis iuratus, das Instrument: Urk. Stadtarch. Baden II n. 927; vgl.
auch Urk. n. Briefe Stadtarch. Mellingen (1960) n. 142. Lütprand ist auch später wieder als Notar in
Baden, neben seinem Amt als Schulmeister, tätig; dem Verhältnis zwischen dem aus Wiesensteig
stammenden interessanten Mann und Zasius wäre noch näher nachzugehen. Dasselbe gilt für Caspar
Frei, Notar in Basel u. Nachfolger des Zasius im Amt des Stadtschreibers, den Zasius 1494, April 16
in seiner Eigenschaft als „scriba in Baden confederatorum" (d. h. Tagsatzungsschreiber) zur Fertigung
eines Notarsinstruments heranzog: Urk. Stadtarch. Baden II n. 973; vgl. auch Mittler, Zasius
(Anm. 15). Herr Dr. Mittler wird den Beziehungen zwischen Zasius und Frei in seinem angekündigten
\ufsatz weiter nachspüren.
38 Urk. Stadtarch. Baden II n. 955 (1495, Febr. 5). Das Pfründenwesen wurde darauf (1495, Febr. 10) in
Verbindung mit der Stadt Baden vom Bischof von Konstanz neu geregelt: das. n. 957.
39 F. Oesterley, Das deutsche Notariat I (1842) S. 441 f.
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