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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0064
getragen, in lateinischer Sprache vollzogen; das Volk kannte seine Intention
des Gotteslobs, der Sühne und Bitte, und beteiligte sich mehr mit Sehen und
Hören, die Feierlichkeit des Gesanges vernehmend und den Reichtum der
Zeremonien verfolgend. Die eigene Aktivität verwirklichte sich mehr am Rande
der Liturgie im umrahmenden deutschen Lied, dann aber an einer liebgewordenen
Volksfrömmigkeit in Wallfahrten, Bruderschaften, einzelnen eindringlichen
Volksandachten wie dem Kreuzweg und, vor allem anderen, durch das
Rosenkranzgebet. Die Aufklärungszeit brachte in der Auffassung der Liturgie
ganz neue Akzente. Das Lob Gottes in sich wurde geradezu gar nicht mehr
gesehen. Orden, die sich ihm besonders widmeten, galten als unnütz. Belehrung
und Erbauung des Menschen war der erste Inhalt alles Gottesdienstes. Man
förderte in jeder Weise den Gesang der Gemeinde. Man wollte, daß sie die
belehrenden Teile der heiligen Messe, die Lesungen aus der Heiligen Schrift
in der Muttersprache vernehme. Sie sollte auch in neuen Gebetbüchern dies
Tun des Priesters und sein Beten genau mitverfolgen können. Spendung der
Sakramente erwartete man in deutscher Sprache. Hand in Hand ging eine
starke Betonung des Pfarrprinzips: der zuständige Hirte der Gemeinde hat
allein das Recht, mit den Seinen, die er kennt und für die er verantwortlich
ist, Gottesdienst zu feiern und für ihre Belehrung zu sorgen. Alle sollen daran
teilnehmen und in ihrer Teilnahme einander durch das gute Beispiel erbauen.
Auch nicht die Beichte und erst recht nicht die heilige Kommunion soll eine
Sache des Einzelnen sein: ganze Gruppen sollen gemeinsam gehen und gemeinsam
vorbereitet, ermahnt und geführt werden. Jedes „Auslaufen" galt als ein
Greuel. Die dem Volk so eigenen Übungen der Wallfahrten, der Bittgänge, des
Rosenkranzes und die Bruderschaften wurden in Mißkredit gebracht, als des
abergläubischen Gebrauchs verdächtig, mechanisch, ohne geistige Hingabe und
wirklich religiöse Kraft. Wessenberg hat in vielen einzelnen Anordnungen
diese Auffassungen seinen Gottesdienstreformen zugrunde gelegt und dabei
mehr oder weniger Zustimmung oder Widerspruch erfahren. Es ist nicht uninteressant
, die einzelnen Landschaften auf ihre Einstellung zu diesen Anordnungen
abzuhören. Manche sind in dieser Richtung geradezu aufmunternd,
andere wollen sich von den Gewohnheiten nicht trennen, ja argwöhnen, man
wolle sie, jetzt unter protestantische Landesherren gekommen, durch diese
Reformen lutherisch machen. Hartnäckig zeigen sich besonders Gemeinden
des Hotzenwaldes; der Widerstand der Innerschweiz hilft geradezu, die Ablösung
der ganzen Schweiz von dem Bistum Konstanz zu beschleunigen
(1. Januar 1815).

Der Breisgau zeigt im allgemeinen keine wesentlichen Schwierigkeiten in
der Durchführung der Anordnungen Wessenbergs. Er war ja auch schon durch
die josefinische Zeit vor zwanzig Jahren in dieser Richtung vorgeprägt worden.
Unruhen wegen Abschaffung des Rosenkranzes zeigen sich etwas am Hochrhein
(Minsein) und am Kaiserstuhl (Jechtingen). Wallfahrtskirchen waren zum Teil
schon abgebrochen, so die auf dem Lindenberg als Pfarrkirche nach Eschbach
versetzt. Als nun die Bauern des Ibentals wieder eine neue bauen wollten
(1802), wurde es ihnen verboten. Als sie aber doch den Bau fortsetzten, wurde
über den Platz das Interdikt verhängt (1805), so daß kein Priester dort Messe
lesen durfte. Auf dem Hörnleberg blühte immer noch die alte Wallfahrt; das
Landkapitel Freiburg beantragte 1826 ihre Schließung. Die Bruderschaften
waren schon durch den Josefinismus erstickt worden, ihr Vermögen dem Religionsfond
zugeschlagen. Die einzelnen Pfarrer gaben sich verschiedene Mühe,

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