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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0065
die Neuerungen zu fördern. Pfarrer des Elztales betonten, daß es bei ihnen
anders sei, wie in der Ebene: die an die Einsamkeit gewohnten Gläubigen
hätten keine Freude am Singen. Da sie lange Kirchwege hätten, wäre auch
jene Verordnung, die verlangt, daß die Predigt nicht am Anfang des Gottesdienstes
gehalten werden darf, sondern in der heiligen Messe nach dem Evangelium
stattfinden müsse, nicht durchzuführen. Man müsse den Leuten die
Möglichkeit geben, während der Predigt erst anzukommen, damit sie wenigstens
zu Beginn der Messe anwesend seien. Überhaupt war man gewohnt, der Predigt
wenig Achtung zu schenken. In Breisach war es üblich, am Ende der Predigt
(die natürlich vor der Messe gehalten wurde) mit der Glocke ein Zeichen zu
geben, damit man wisse, daß jetzt die Messe beginne. In den Städtchen war
man überhaupt wenig erbaut von der Weisung, die Predigt i n das Hochamt
zu verlegen: viele Bürger beteiligten sich an den musikalischen Ämtern
(„Figuralmusik") mit ihrer Kunst, ein Blas- oder Streichinstrument zu spielen;
aber ihr Interesse reichte nicht aus, auch noch eine Predigt hören zu wollen.
Auf dem flachen Land war man je nachdem schon willig, die neuen Formen
einzuführen. Diese Feier der Messe begleitete das Volk bisher meist mit dem
Rosenkranzgebet; jetzt mußte die Jugend die Lieder lernen und sie so allmählich
in die Gemeinde einführen. Aber oft fehlte in der Dorfkirche noch die
Orgel, zumeist auch ein Organist, da die Lehrer ja noch kaum eine Vorbildung
hatten 16. So war es nicht leicht, zu den gewünschten Gottesdienstformen zu
kommen. Im allgemeinen wurden gerne die Verdeutschung der Gebete und
Lesungen bei den Flurprozessionen und der Fronleichnamsprozession angenommen
. Nur in Endingen und Säckingen gab es Schwierigkeiten. Pfarrer Häberle
von Freiburg-St. Martin benutzte den Augenblick, da er durch Vakanz des
Münsters im Jahre 1809 allein verantwortlicher Pfarrer in der Stadt war, gegen
den Einspruch der Universität, die Fronleichnamsprozession in deutscher
Sprache zu feiern, wie es bis heute geblieben ist. Die Zeitung würdigte dieses
Ereignis in einem eigenen Bericht. Eine Großtat Wessenbergs auf liturgischem
Gebiet war die Einführung der deutschen Vespern. Bisher hatte man -
auf dem Lande der Pfarrer mit seinem des Lateins unkundigen Mesner zusammen
— am Sonn- und Feiertagnachmittag eine lateinische Vesper gesungen,
von der niemand etwas verstand. Jetzt wurde durch die Jugend oder einen
Chor, schließlich auch allmählich durch das Volk eine deutsche Vesper, hauptsächlich
bestehend in einer sehr biblisch gehaltenen Psalmenpharaphrase oder
einer direkten Psalmenübersetzung, gesungen. Diese Vesper hat sich rasch
beliebt gemacht und gehört heute noch zum Gemeindeleben der Nachfolgediözesen
des Konstanzer Bistums (Freiburg und Rottenburg). Bernhard Boll,
der spätere Erzbischof, hat auch am Münster in Freiburg, wo ein zahlreicherer
Klerus die lateinische Vesper würdiger zu feiern im Stande war, die deutsche
A^esper 1810 eingeführt. Der ehemalige Stiftsklerus in Waldkirch, dann auch
die Pfarrei Zell i. W. sperrten sich eine Zeitlang gegen das gleiche Verlangen.

Große überörtliche Feierlichkeiten waren sehr verpönt: sie lockten zum
„Auslaufen*', gaben Gelegenheit zu Volkstrubel und Wirtshausbesuch. Das
Gervasifest in Breisach, das der drei Jungfrauen in Eichsei und besonders das
Fridolinsfest in Säckingen versuchte man mit allen Mitteln einzuschränken,
aber weithin vergeblich. Vom Schwarzwald berichteten die Pfarrer eine Gewohnheit
, die ihnen wenig zeitentsprechend zu sein schien: die Seelenämter

IG Keine Orgeln hatten z. B. Wylen, Altglashütten. Glottertal, Heuweiler, Suggental, Siegelau, Ober-
sitaonswald, Oberspitzenbaeh. lach. (Konstanz Stadtarchiv, Wessenberg 2561.3; 825a, 2; 2154.5).

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