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sollte das in der Volksschule Gelernte wiederholt und vertieft werden. Nach
dem ersten Weltkrieg wurde dieses Gesetz dahin geändert, daß die Schulpflicht
für die Knaben auf drei, für die Mädchen auf zwei Jahre verlängert wurde.
Der Unterricht durfte nicht mehr am Sonntag und auch nicht mehr in den
Abendstunden erteilt werden.
In Freiburg wurden hierfür besonders ausgebildete Lehrer verwendet. Die
Mädchen waren auch im Kochen zu unterweisen, weshalb Schulküchen eingerichtet
und Schulgärten angelegt werden mußten, in denen sich die Mädchen
Erfahrungen im Gartenbau erwerben konnten. In Freiburg waren diese Einrichtungen
schon beim Ban der Flilda- und Turnseeschule geschaffen worden.
Auch für die Knaben war hier eine Sonderregelung getroffen. Vom Jahre
1911 an hatten diese in der Woche sechs Stunden, ab 1923 acht Wochenstunden
Unterricht. An Ostern 1939 wurde die Fortbildungsschule als allgemeine
Berufsschule der Gewerbeschule eingegliedert.
Die staatliche Fortbildungsschule hatte einen privaten Vorläufer, die
Sautier-Reibelt-Merian-Stiftung. Das Schulelend in unserer Stadt und die sich
daraus ergebene Not der einfachen Bevölkerung ging einem edelgesinnten
Manne zu Herzen, dem Weltpriester Professor Heinrich Sautier. Er trat
1792 von seinem Lehramte am hiesigen Gymnasium zurück und widmete sich
ganz der Bildung der Jugend. Not und Elend, sagte er sich, sind an der Wurzel
zu fassen. Durch Unterricht, besonders in der Sittenlehre, sind die Burschen und
Mädchen zur Arbeitsamkeit und Sparsamkeit zu erziehen. So kann den unteren
Volksschichten am wirksamsten zu einer nachhaltigen Existenz verholfen werden
. Er stellte sein Geld und auch sein Haus Zum breiten Herd in der Sattelgasse
(Bertoldstraße) zur Verfügung.
Unterstützt wurde Sautier von dem ehemaligen Basler Domherren Dr. Valentin
von Reibelt. Dieser entstammte einer Würzburger Patrizierfamilie, war
aber in Pruntrut (Porrentruy) im Elzgau in der Schweiz geboren. Er stiftete
namhafte Beträge. Auch der in Basel geborene Philipp Merian beteiligte sich
gern an diesem Unternehmen und steuerte den für damalige Verhältnisse sehr
hohen Betrag von 33 650 Gulden bei. Bei einer Sammlung wurden 112, in der
Hauptsache Freiburger Bürger und Bürgerinnen, dazu gebracht, noch schöne
Beträge zu geben. Sautier bestimmte, daß die Konfession bei seiner Stiftung
keine Rolle spielen dürfe. Wer willig war, an der Weiterbildung teilzunehmen,
wurde zugelassen.
Am Sonntagvormittag nach den Gottesdiensten wurden die jungen Leute im
Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet, am Nachmittag bekamen sie Unterweisungen
in der Sittenlehre, die Buben auch im Zeichnen. In Abendkursen für
die Mädchen wurde genäht, geflickt, gestrickt, gebügelt und auch gekocht. An
Mädchen, welche sich durch Tugend, Geschicklichkeit und Fleiß ausgezeichnet
hatten, wurden nach vier Jahren größere Ausstattungspreise verteilt. Ordentliche
Buben erhielten als „Satz ins Handwerk", das heißt als Gründungskapital
zum selbständigen Betrieb eines Gewerbes, namhafte Zuwendungen. Auf Anregung
des Stadtrates ging die Stiftungschule 1893 in der Gewerbeschule auf
mit der Begründung, daß die städtischen Schulen nun gut ausgebaut seien.
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Durch den in den vierziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts angelegten
Bahnkörper ist das, nach dem Edelknecht-Geschlecht „von Stühlingen"
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