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wickeltes Formempfinden. In ihrer Raumauffassung, in der engen Verbindung
von Krypta und Langhaus steht die Sulzburger Krypta den frühromanischen
Hallenkrypten sehr nahe. In der Unterteilung des Kirchenraumes selbst wird
wohl schon burgundisch-cluniacensischer Einfluß spürbar"0. Aus diesen Überlegungen
heraus möchte man die ganzen Einbauten etwa in die Jahre vor der
Mitte des 11. Jahrhunderts ansetzen.
Wenn unsere Deutung des Hochchores als Nonnenchor richtig ist, so berührt
es allerdings zunächst merkwürdig, daß man die Nonneneinpore nicht an der
kanonischen Stelle, nämlich im Westen angeordnet hat. Wahrscheinlich war
aber die Westapsis schon durch die Stiftergräber besetzt, und man wollte diese
nicht verlegen oder durch den Einbau einer Krypta zerstören. Vielleicht lag
aber überhaupt damals auch die Klausur im Osten der Kirche, und man suchte
einen engen Zusammenhang zwischen Hochchor und Klausur.
Der Umbau des 13. Jahrhunderts
Hier ist die Frage nach dem Alter des Westturms und der beiden heute vermauerten
großen westlichen Arkaden zu stellen. Zunächst rechnete Werner
Noack und dann auch Ernst Adam beide Elemente zu dem ottonischen Gründungsbau
. Dabei sah Adam sogar in dem Sulzburger Turm den Prototyp der
Westtürme am Oberrhein. Nun hatte Adam aber selbst unter dem Westturm
die Fundamente der Westapsis gefunden, und es wäre das Nächstliegende gewesen
, diese Apsis dem Gründungsbau und den Turm einer jüngeren Epoche
zuzuweisen. Adam glaubt nun, die Apsis sei zwar zunächst bis zu etwa drei
Meter Höhe aufgemauert, dann aber noch während des Bauens durch einen
rechteckigen Turm ersetzt worden51. Dem widerspricht schon allein die für
einen Turm widersinnige und statisch höchst bedenkliche hohe Öffnung zum
Langhaus.
Die großen Arkadenöffnungen, als Reste eines angeblichen Westquerschiffs
angesehen, wurden schon, vor allem von Karl Gruber, für die fehlenden Nonnenemporen
in Anspruch genommen. Aber auch hier reichen die vorhandenen
Höhen für eine zweistöckige Ausbildung der Seitenschiffe nicht aus. Dann fehlen
die unbedingt zu fordernden Trennmauern zwischen den einstöckigen Seitenschiffen
und den höheren Querschiffannexen. Eindeutig lassen sich diese
Annahmen aber aus den Einzelheiten des Baubefunds heraus verwerfen; eine
genaue Analyse des Mauerwerks und der Mauerwerksbefunde ist möglich, seit
das Mauerwerk unverputzt der Betrachtung zugänglich geworden ist.
Das Mauerwerk der ottonischen Bauteile ist in sich von großer Regelmäßigkeit
und Schönheit. Von diesen prächtig gemauerten Teilen hebt sich deutlieh
ein Mauerwerk ab, das besonders gut am Ostgiebel zu beobachten ist (Abb. 25).
Hier führen die Kanten des ottonischen Baues bis fast zum Dachansatz; nach
der Mitte hin reißt dann das lagerhafte ottonische Mauerwerk ab, die Mauer
ist schräg zurückgesetzt, es tritt ein dunkleres gelbes Steinmaterial auf und die
Mauerstruktur wird unruhiger. Besonders auffallend sind die langen grätigen
50 Etwa in die gleiche Stilstufe möchte man Krypta und hochgelegenen Altarraum von Spicz setzen. M.
Grütter, Tausendjährige Kirchen am Thuner und Brienzer See, Bern 1956, 15 f. 55. Eine sehr ähnliche
Gesamtdisposition im Aufbau der Westwand und in der Art der Einfügung in eine Apsis zeigt holz
ihrer Dreischiffigkeit die 1029 geweihte Krypta der Probsteikirche Neuenburg-Fulda. (H. Buschow_, Studien
über die Entwicklung der Krypta im deutschen Sprachgebiet, Diss. Stuttgart 1955, Würzburg 1954, 55 ff.)
51 Adam a. O.
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