http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0073
unten gleichsam als Ariadnefaden in dem Labyrinth unserer Stadtrechtsforschung
dienen wird). Das Zitat aus der verlorenen Zasius-Eingabe soll nach
R.Schmidt lauten: „ea res, quae usque adhuc pependerit" — es ist also von
einem „Handel" die Rede (eben der Stadtrechtsfrage), „der bis heute noch in
der Luft hängt"!
Unbekannte Quellen zur Beurteilung der
Stadtrechtsfrage beim Tode Maximilians
1. Antwort der Stadt Freiburg auf eine Anfrage der Stadt Villingen. 2. Schreiben
der Stadt an Dr. Hieronymus Balclung, 2. November 1517. 3. Die Stadt bittet das Regiment
zu Ensisheim um Abhör des neuen Stadtrechts, 19. Dezember 1517. 4. Antwort aus
Ensisheim, 21. Dezember 1517.
Allerdings, die Rückschlüsse, die Richard Schmidt aus dem Inhalt dieser
verschollenen Zasius-Eingabe gezogen hat, beruhen auf einer unhaltbaren Annahme
. Die Behauptung nämlich, die Arbeit am Neuen Stadtrecht sei schon um
1511 abgeschlossen gewesen und die Herausgabe sei nur durch die Schuld der
Ensisheimer Regierung bis zum Tod Maximilians verzögert worden, entbehrt
bis heute eines schlüssigen Beweises. Das hat schon Hansjürgen Knoche
erkannt2, der aus einem Brief Zäsis an Bonifatius Amerbach vom 14. August
1519 nachweist, daß damals noch am Neuen Stadtrecht gearbeitet wurde.
1. Daß die Arbeit im Jahr 1511 noch nicht abgeschlossen gewesen sein kann,
dafür möchte ich ein bisher nicht beachtetes direktes Zeugnis aus dem Winter
1511/12 anführen. Am 12. Januar 1512 teilen Bürgermeister und Rat von Freiburg
an die Stadt Villingen auf Anfrage mit, sie seien mit der Neubearbeitung
ihrer „Stattrechten und Satzungen" bisher infolge anderweitiger Geschäfte
noch nicht zu Ende gekommen3.
2. Tatsächlich ist es nachweisbar erst sechs Jahre später soweit gewesen, daß
die Stadt in der Stadtrechtsfrage an die Ensisheimer Regierung herantreten
konnte. Damit sich der Leser von dieser Tatsache eine anschauliche Vorstellung
machen kann, teile ich ein Schreiben der Stadt an den Kaiserlichen Rat in der
Ensisheimer Regierung den ehemaligen Freiburger Dozenten Dr. Hieronymus
B a 1 d u n g vom 2. November 1517 im Wortlaut mit4, welches bisher der
Forschung ebenso unbekannt geblieben ist5 wie das oben zitierte städtische Antwortschreiben
an die Villinger.
I.
An doctor JheronimoBaldung
Unser fruntlich dienst zuvor. Lieber herr doctor, wir verneinen, ihr wollen
von Ensisheim abscheiden und gen Ynnsprugk ziechen. So nun ettlich unser
ratsfrund des nuwen stattrechten halb, so wir in willen sind ufzurichten,
mit uch red gehalten, möchten wir wol lyden, das ir noch ein tag oder acht
zu Ensisheim verharren möchten, wo es uch nit zu nachteil und schaden
2 Eansjürgen Knodie, Ulridi Zasius und das Freiburger Siadiredit von 1520 (= Freiburger redits- und
slaalsmissensdiaffliehe Abhandlungen Bd. 10 [195?]), S. 26.
3 Stadtarchiv: Miss. 8, 208'.
* Über Hieronymus Baidungs wissenschaftliche Verdienste vgl. Stintzing, Ulridi Zasius (1857), 180. Schreiber,
Gesch. d. Stadt Freib. III (1857), 246 hält ihn für einen Mitarbeiter am Neuen Stadtrecht. Knodie l. c.
S. 59 f. 41 sdieint diese Meinung zu veriverfen. Das zitierte Sdireiben: Miss. 10, 78'.
5 Audi R. Schmidt hat es nicht gekannt, obwohl er von einem „Schriftentausch der Stadt mit der Regierung"
etwas gewußt hat. Andernfalls hätte er seine Verzögerungstheorie nicht aufrechthallen können.
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