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des treuen Zasius s c h ü 1 e r s Bonifatius Amerbach suchen, an den sie nach
des Vaters Tode vom weniger pietätvollen Zasius söhn verpfändet worden
sind27.
Es wird sich also bei dem von Richard Schmidt zitierten Aktenstück kaum
um ein persönliches Schreiben Zäsis handeln. Wir dürfen vielmehr vermuten,
daß der lateinische Entwurf, der ans Zäsis Feder stammen soll, nichts anderes
darstellt als seinen Vorschlag zu einer offiziellen Eingabe von Bürgermeister
und Rat an den neuen Landesherrn!
4. Wie verhält es sich nun mit dem von Richard Schmidt angegebenen
Empfänger („König Ferdinand") und mit der Datierung („kurz nach dem
Tode Kaiser Maximilians")? Beides scheint insofern miteinander zusammenzuhängen
, als man in Freiburg unmittelbar nach Maximilians Tod vielleicht
mit einer Nachfolge des jungen Ferdinand gerechnet hat. Wahrscheinlich hätte
man als Landesherrn den jungen Spanier (Ferdinand) dem älteren Burgunder
(Karl) vorgezogen hatten nicht, knapp ein halbes Jahr vorher auf dem
Landtage zu Innsbruck (1518) die Delegierten (zu denen als Vertreter der Stadt
und des breisgauischen dritten Standes auch der Freiburger Ratsfreund Meister
Ulrich Wirtner gehörte) den jetzt verstorbenen Kaiser gebeten, seinen jüngeren
Enkel Ferdinand zur Regelung der Nachfolge ,in die habsburgischen Erbländer
bringen zu lassen?28 Bekanntlich war aber schon damals die Erfüllung solcher
Wünsche an der ablehnenden LTaltung des älteren Enkels, des Königs Karl von
Hispanien, gescheitert, und Maximilian hatte in dieser Zwangslage noch knapp
acht Tage vor seinem Tode den Ausweg gewählt, beide Enkel gemeinsam als
Erben einzusetzen (6. Januar 1519). Nach dem Tod Maximilians war dann von
entscheidender Bedeutung für die Frage nach dem zukünftigen Landesherrn
der Ausgang der bevorstehenden Kaiser- bzw. Königswahl. Damals weilte
seit fast einem Jahre der junge Spanier Ferdinand bei seiner Tante Margarete
in den Niederlanden, während der ältere, 1516 zum König von Hispanien gewählte
Bruder Karl als „Burgunder" und Fremdling in seinem neuen spanischen
Königreich noch nicht recht Fuß gefaßt hatte und dort mit der Befestigung
seiner jungen Krone reichlich beschäftigt war. In dieser für die Dynastie
und ihre zusammengewürfelte Ländermasse äußerst bedenklichen Situation
sah die Regierung Margaretens den einzig rettenden Ausweg in der Erwerbung
der Kaiserwürde - und gab deshalb zu erwägen, daß der jüngere Bruder
Ferdinand als Kandidat leichter durchzubringen wäre als der König von
Hispanien. Aber auch diese Pläne der niederländischen Räte waren im Frühjahr
1519 an der eifersüchtigen Haltung Karls gescheitert! ■ Und über dies
von Karl unerschütterlich festgehaltene Erstgeburtsrecht sollte sich Zasius ohne
Bedenken hinweggesetzt haben, indem er sich mit seiner Petition nur an den
jüngeren Bruder Ferdinand wandte? Ein solcher Fehlgriff ist genau so undenkbar
, wenn es sich (wie wir oben wahrscheinlich machten) um den Entwurf
zu einem offiziellen Bittgesuch von Bürgermeister und Rat handelt!
Denn in Freiburg muß man beim Tode Maximilians über die politische
Situation und über das Problem der Nachfolge ganz gut orientiert gewesen
sein - - nicht nur über das, was sich im abgelaufenen Jahr beim Innsbrucker
Landtage abgespielt hatte (durch den dort anwesenden Vertreter der Stadt,.
Meister Ulrich Wirtner), sondern auch über die in Maximilians Testament
27 Vgl. Thieme, Aus den Handsdiriflen von Ulridi Zasius (1956), S. (1).
28 Alfons Huber, Gesch. Osterreidis 3 (1H88), 479.
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