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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0090
Der „Handel, der bis heute in der Luft schwebt" (d. h. die Nichtbestätigung des
neuen Stadtrechts) wird also im Original verglichen einer Sache, „die den
Lebensnerv unseres Gemeinwesens betrifft" (Zasius hat so stark gekürzt, daß
er dabei einmal offenbar fehlgegriffen hat - - wahrscheinlich wollte er „t(a)n-
(quam) nervum", „gleichsam den Lebensnerv" sagen. Daß ein moderner Leser
vor diesen paläographischen Wirbeln, wenn ich so sagen darf, die Segel streicht,
kann man ihm nicht verübein).

Eine b i s h e r völlig unbekannte deutsche Übersetzung

von Z ä s i s Hand

Die Frage: für wen war dieser Entwurf bestimmt? oder: wer ist mit der Anrede
„Spectate vir!", „Vortrefflicher Mann!" gemeint? — diese Frage läßt sich
überraschend leicht lösen, beim genauen Studium der von Zasius in seiner lateinischen
Rand- und Schlußbemerkung angekündigten deutschen Übersetzung.
Auch diese konnte ich nämlich unter den undatierten Stücken von Zäsis Hand
finden37. Sie muß schon dem städtischen Registrator Maldoner vor 200 Jahren
bekannt gewesen sein, da er das Stück als Nr. 4 signiert und zusammen mit den
anderen von ihm numerierten Stücken unter das von ihm gesammelte (später
wieder zerstreute) Material aufgenommen und folgendermaßen summarisch
verzeichnet hat:

1518. Acta, was in Sachen der neuw errichteten Freyburg(ischen) Stattrechten
hinc inde verhandlet und correspondiert worden. A No 1 bis 18
incl(usive)38.

Daß es sich um eine Übersetzung, d. h. um eine echte Verdeutschung des
lateinischen Entwurfs aus der Hand des Autors handelt, macht diesen Fund
auch in sprachlicher Hinsicht äußerst wertvoll.

Wenn wir nun die Rückseiten der beiden „Eingaben" (der lateinischen und
der deutschen) betrachten, können wir bei genauem Studium wiederum eine
freudige Überraschung erleben. Wir sehen schon an kleinen Äußerlichkeiten
sofort, daß die beiden Aktenstücke zusammengehören und nach so langer
Trennungszeit endlich wieder vereinigt sind. Es ist, wie wenn wir am sogenannten
Webstuhl der Zeit die Zettelfäden um 450 Jahre zurückverfolgen würden,
um unserem Doctor Zäsi in die Werkstatt zu blicken - - die leeren Rückseiten
der beiden Schriftstücke zeigen deutlich die Merkmale einer genau übereinstimmenden
Faltung und ebenso je zwölf korrespondierende schmale Einschnitte
, welche Zeichen dem Kenner sofort die ehemalige Briefform vor sein
geistiges Auge zaubern. Die beiden Schriftstücke waren also miteinander in
einem gefalteten Briefe vereinigt und von zwei schmalen durch die Schlitze
gesteckten Pergamentstreifen (die natürlich nicht mehr vorhanden sind) zusammengehalten
. Die Entfernungen der korrespondierenden Schlitze, bzw. die
kleinen Differenzen ihrer Abstände führen zu dem augenfälligen Ergebnis,
daß das lateinische Schreiben innen gelegen haben muß und beim Zusammenfalten
von dem deutschen umschlossen wurde. Infolgedessen ist natürlich die
Außenseite des deutschen Stückes etwas verschmiert (was bei dem lateinischen
nicht der Fall ist) - - man sieht darauf förmlich die schmutzigen Fingerabdrücke
des schwitzenden Briefboten, der die Schreiben in größter Eile dem unbekannten
Auftraggeber gebracht hat!

37 Jetzt unier I f: 1518—1520. , , „

38 Das lateinische Original der Eingabe hat Maldoner offenbar nicht erkannt — med er es andernfalls auch
mit einer Nummer versehen hätle!

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