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in den Jahren 1512/13, 1515/16, 1518/19 und 1521/22 das Obristmeisteramt, und
unter seinem ursprünglichen Namen Meister Ulrich Müller von 1500 bis 1504
das Stadtschreiberamt inne hatte42. Daß er eine der wichtigsten Persönlichkeiten
im Freiburger Rate gewesen und oll zu auswärtigen Missionen verwendet
wurde, hatten wir bereits oben gesehen43.
Der lateinische Text zeigt an bestimmten Stellen eine nahe Verwandtschaft
mit Zäsis Leichenrede, gelegentlich sogar wörtliche Übereinstimmung. So erscheint
in beiden lateinischen Elaboraten die Rolle Maximilians als gnädiger
Landesvater leicht übertrieben - - immerhin feiert in der „Eingabe" der verstorbene
Kaiser nicht mehr „Reichstage" in Freiburg (wie es in der unbestimmten
Mehrzahl nach der Leichenrede heißt), sondern ganz konkret zwei Reichstage
, so daß sich der humanistische Lobredner wie der kleine Fritz in Gellerts
Erzählung (vom Bauern und seinem Sohne und der gefährlichen Lügenbrücke
) langsam der Wahrheit nähert. Auch hier in der sogenannten „Eingabe"
ist wiederum Maximilians Bedeutung für das Neue Stadtrecht stark betont!
Zwar geht Zäsis Entwurf nicht soweit wie seine Leichenrede, die sogar von
einer Bestätigung durch den Kaiser gesprochen hat. Inzwischen ist der Redner
über seinen Irrtum hinsichtlich der kaiserlichen Bestätigung aufgeklärt worden
und bemüht sich gerade durch diese „Eingabe" darum, eine solche zu bekommen
. Aber will das Schreiben an König Karl nicht beim Empfänger geradezu
den Eindruck erwecken, als ob die Idee der Stadtrechtsreformation dem erfindungsreichen
Kopfe des Großvaters entsprungen wäre?44
Um der Wahrheit die Ehre zu geben und vor allem um die Zustimmung des
Rats für seinen Entwurf zu bekommen, erklärt der Schreiber allerdings, wie
es zu diesem angeblichen Eifer Maximilians für die Stadtrechtsreform gekommen
ist. Bürgermeister und Rat sollen es selber aussprechen, daß der
Anstoß von ihnen ausgegangen ist: „dieweil wir ihm die Vorarbeiten von uns
und anderen erfahrenen Männern vorgelegt hatten"45. Also konnte die Initiative
des Stadtrats auch von diesem allerergebensten Bericht Zäsis nicht einfach
übergangen oder in das Gegenteil verwandelt werden!
Die Frage der städtischen Autonomie wird natürlich König Karl gegenüber
ebensowenig angeschnitten wie in der Leichenrede. Im Gegenteil: der junge
König wird gebeten, das unvollendete Gesetzgebungswerk nach dem Vorbild
seines verewigten Ahnen gnädig in seine Betreuung zu übernehmen40 und es
vor allem seinen beiden Kommissären für Deutschland, dem Grafen von
Zevenberghen und dem Generalschatzmeister Jacob Villinger, anzuvertrauen.
Leider läßt sich zunächst aus der Nennung der beiden Kommissäre kein Argument
für die Frage der Datierung erschließen. Wir wissen, daß die beiden als
Karls Agenten schon vor der Wahl tätig waren und daß sie eine wichtige Rolle
42 Knodie kennt ihn nur unter dem von Sdireiber (Gesch. 3 1185?], 246 A) mitgeteilten Namen Ulrich
Müller. Mit dem von Ruppert in seinen Konstanzer gesch. Beitr. 4 (1895), 4?—52 besdiriebenen Verfasser
des mannhaft gegen den Hexenmahn kämpfenden Büdileins De lamiis et phytonicis mulieribus oder zu
deutsch „Von den Unholden und Hexen", das von 1489 bis 1508 nicht weniger als fünf lateinisdie und drei
deutsche Auflagen erlebt hat, einem Schüler Konrad Stürzeis, dem Ulricus Mollitoris de Consfantia. slndii
Papiensis decretorum doctor et curiae Constantiensis causarum patronus, Rat des Erzh. Sigmund von
Tirol, ist er schon deshalb nicht identisch, meil er nie den Doktorgrad besessen hat, im Jahr 1531 noch
am Leben mar und aus Rheinfelden stammte, mährend jener 1508 starb und zu Konstanz geboren
ist.
43 Vgl. oben S. 82 . 89 f.
44 Statutis quoque et legibus rei nostra: publicae . . . instaurandis adiecit aninnim.
45 Nempe cum nonnullas ordinationes nostra aliorumque peritorum industria collectas suaä maiestati discu-
tiendas prassentassemus.
46 rogamus, quatenus tarn laudabilem rem legum et statutorum nostrorum ceptam et tantum non perfectam
in sui curam (divi Cesaris, avi vestri, exemplo) gratiose excipere.
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