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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0020
gen, Ministerialen, Dienern und Handwerkern einerseits, oder aber von freien
Kaufleuten anderseits im Vorgelände einer Pfalz oder Burg, oder auch in
Anlehnung an einen herrschaftlichen Fronhof von Bedeutung entstanden, wie
etwa Ulm bei der königlichen Pfalz, Villingen, 999 als Markt bei einem zährin-
gischen Dorf oder Fronhof gegründet, Waiblingen im Vorfeld der alten Kaiserpfalz
, Ravensburg am Fuß einer weifischen Burg, Breisach im Bereich einer
ottonischen Bergfestung, Memmingen neben einer alten weifischen Residenz.

Diesen drei Gruppen der gewachsenen und gewordenen Städte, den Bischofsstädten
, Reichsstiftsstädten und herrschaftlichen Burgstädten ist gemeinsam die
allmähliche Entstehung neben einer ursprünglich ganz anderen Zwecken
dienenden Institution, der Bischofspfalz, dem Kloster oder der herrschaftlichen
Burg. Gemeinsam ist ferner die zweifache Herkunft der Stadtbevölkerung: Es
sind teils unfreie Leute des Stadtherrn, Diener, Ministeriale, unfreie Pland-
werker, die dem Hofrecht unterstehen, teils sind es freie Kaufleute und
Gewerbetreibende, die ihr. eigenes Marktrecht und Kaufmannsrecht erhalten
haben und dem Marktgericht unterstehen. Es fehlt bei uns, soweit ich
sehe, der von Vercauteren geschilderte Typ der rein wirtschaftlich entstandenen
Flußstädte, der Wike1.

Trotz dieser verschiedenen Rechtssphären in den Städten besteht aber in
der älteren Zeit kein Zweifel an ihrer vollkommenen Abhängigkeit von der
geistlichen oder weltlichen Herrschaft und ihren Organen. Von irgendwelchen
Ansätzen zu eigenen, typisch stadtbürgerlichen Verwaltungseinrichtungen wird
man nicht sprechen können; alle Angelegenheiten dieser frühen Städte werden
herrschaftlich geregelt, abgesehen von der beratenden und urteilfindenden
Tätigkeit der Beisitzer im Hof- und Marktgericht. Die Entwicklung zur bürgerlichen
und städtischen Freiheit kommt erst in einem späteren Stadium und
findet sich dann - das ist fast eine Regel - in diesen gewachsenen Städten
meist später als in denen, die gleich von ihrer Gründung an städtische Privilegien
und Freiheiten erhalten haben.

Die topographische Struktur dieser gewachsenen Städte läßt sich nicht auf
einen einheitlichen Nenner bringen. Vielfach lassen sich in den einzelnen Stadtteilen
die Wohnbereiche der Herrschaft, der unfreien Leute und der Freien
ziemlich sauber voneinander unterscheiden; das gilt vor allem für die älteren
Klosterstädte. Aber es ist dies keineswegs immer und überall der Fall; schon
deshalb nicht, weil, anders als später in den Gründerstädten, diesen verschiedenen
Stadtteilen nicht auch verschiedene Rechtssphären entsprechen. In der
gewachsenen Stadt fehlt die Bindung von Marktrecht, Marktfriede und Marktfreiheit
an ein genau abgegrenztes räumliches Gebiet; für die Gründerstadt
ist eine solche Bindung sehr wesentlich, ja geradezu ein Charakteristikum. Der
Sonderfriede und das Sonderrecht des Marktes und der frühen Stadt werden
einem Personenkreis verliehen und bleiben an die Person gebunden; nach den
älteren Privilegien gilt das Marktrecht für alle Leute, die auf dem Markt
Geschäfte machen, gleichviel woher sie kommen. Bei den Gründerstädten gilt
das Stadtrecht nur für diejenigen, die im Stadtbereich Grund und Boden haben,
nur sie sind Bürger. Darin liegt ein grundlegender Unterschied zwischen den
gewachsenen Städten der älteren Zeit und den späteren gegründeten Städten.

Allerdings, und das ist mehr als nur eine methodische Frage, darf man vielleicht
bei allen diesen stadtartigen Siedlungen vor dem Jahr 1100 überhaupt

1 F. Vercaulercn, Les civitates de la Bclgique Seconde, 1934.

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