http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0018
Zwischen 1248 und 1293 vollzog sich nun aber eine Trennung der für die
gerichtlichen Funktionen zuständigen von den für die Verwaltungs- und
Polizeiaufgaben bestellten Bürgern. Auf Wunsch der Bürgerschaft setzte
nämlich der Stadtherr im Stadtrecht von 1248 ein weiteres Kollegium von 24
Vertretern der Bürgerschaft ein32. Während die bisherigen, jetzt als alte bezeichneten
Vierundzwanziger durch Ernennung seitens des Stadtherren und
später auf Grund von Selbstergänzung tätig waren, wurden die neuen Vierundzwanziger
von der Bürgerschaft gewählt. Das neue Kollegium erhielt die
Verwaltungs- und Polizeifunktionen übertragen. Es wählte aus seiner Mitte
bald die zwei Bürgermeister und bildete sich zum eigentlichen Stadtrat aus.
Dieser hatte entsprechend dem mittelalterlichen Recht ebenfalls eine gewisse
Polizei- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, ja er war manchmal bestrebt, auch
andere Rechtsfälle vor sein Forum zu ziehen32a. Trotzdem waren aber für die
eigentliche Gerichtsbarkeit, insbesondere die über Erbe und Eigen und die
schweren Straffälle, weiter der Schultheiß und die ihm beigeordneten alten
Vierundzwanzig zuständig, denen im übrigen alle Verwaltungsaufgaben abgenommen
worden waren. Nach dem Stadtrecht von 1275 mußte zwar der
Schultheiß vom Grafen aus dem Kollegium der alten Vierundzwanzig entnommen
werden33, er blieb aber trotzdem weiter seiner rechtlichen Stellung
nach ein stadtherrlicher Beamter, was sich auch darin ausspricht, daß das
Schultheißentum in den Urkunden oft als Zubehör der Grafschaft Freiburg
bezeichnet wird34. Daran änderte sich grundsätzlich auch nichts, als seit dem
Ende des 14. Jahrhunderts die Stadt mehrfach und längere Zeit in den Pfandbesitz
des Schultheißenamtes kam und als der Rat die alten Vierundzwanziger
und die später an ihre Stelle tretenden neun bzw. dann zwölf Stadtgerichtsschöffen
einzusetzen begann35. Und wenn auch diese seit dem 15. Jahrhundert
beginnende Entwicklung faktisch zur langsamen Aushöhlung der stadtherrlichen
Rechte über das Stadtgericht hätte führen können, so wußte doch
andrerseits die österreichische Herrschaft seit 1368 ihre Aufsichtsrechte über
die gesamte Stadtverwaltung wieder so zu festigen, daß die Einflußnahme des
Rates auf das Stadtgericht dadurch praktisch doch bedeutungslos war. Halten
wir also fest: Im 13. und 14. Jahrhundert bestanden zwar in personeller Hinsicht
enge Verbindungen zwischen Rat und Stadtgericht. De jure blieben aber
stadtherrliches Stadtgericht und städtischer Rat zwei voneinander getrennte
Behörden, die nicht nur aus praktischen Gründen eigene Kanzleien mit eigenen
Schreibern unterhielten. Dieser Zustand änderte sich erst im 15. Jahrhundert,
als durch die Verpfändung des Schultheißenamtes an die Stadt der grundsätzliche
Unterschied zwischen Stadtgericht und Rat immer mehr verwischt wurde.
Der Unterschied in der Rechtsstellung des Schultheißengerichts und des
städtischen Rates wurde hier von uns so herausgehoben, weil sich daraus ergibt
, daß nicht zwingend angenommen werden muß, die beiden Behörden
32 H. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg i. Br. (= Schreiber, UB), Freiburg 1828 ff., Bd. I,
S. 53 ff. Nr. 11; z. flgd. Willmann, Strafgerichtsverfassung a. a. O. S. 14 ff.
32a 1415 schwören einige Bürger „recht ze gebende oder zenemde vor gericht oder rat" (StA
R. Pr., Bd. 2, Bl. 5, ferner Bl. 13); 1401 Januar 25: UB Heiliggeist Bd. 2, S. 5 Nr. 760.
33 Schreiber, UB Bd. I, S. 74 ff. Nr. 24.
34 Schreiber, UB Bd. I, S. 124 Nr. 50, 271 Nr. 135, 514 Nr. 274, Bd. II, S. 35 Nr. 303, 91 Nr. 341,
210 Nr. 416, 250; Willmann, Strafgerichtsverfassung a.a.O. S. 39 f.
35 Willmann, Strafgerichtsverfassung a. a. O. S.39f.
18
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0018