http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0027
Vorhalle des Münsters scheidet ebenfalls aus. da sie, wie Geiges dargelegt
hat, nie für Gerichtszwecke benutzt worden ist58. Sie war höchstwahrscheinlich
einmal, wie die als Richter dargestellten Grafenfiguren an den unteren Turmpfeilern
zeigen, für die Aufnahme des Grafengerichts gedacht59. Aber durch
die lange Dauer des Turmbaus und durch den inzwischen erfolgten Übergang
des gräflichen Gerichts an den Schultheißen, scheint die Münstervorhalle den
ihr zugedachten Zweck nicht mehr erfüllt zu haben.
Wenn aber die Ruine in der Turmstraße und die anderen Gerichtsorte der
Stadt nach unserer Ansicht für die Gerichtslaube ausscheiden, dann bleibt nur
die Möglichkeit, das sicher wenig umfangreiche Bauwerk dort zu lokalisieren,
wo es die einzige uns erhaltene schriftliche Nachricht aus dem Mittelalter über
seine Lage festlegt: auf der Kaiser-Joseph-Straße in der Nähe des Bertoldsbrunnens
. Wir erinnern daran, daß schon eingangs von uns auf die Nachricht
des Adelhausener Urbars von 1423 verwiesen wurde, in dem zwei Eckbänke
unter der Brotlaube am Fischmarkt bei der Gerichtslaube erwähnt wurden00.
Angesichts des von 1280 bis 1443 dauernden regelmäßigen und kaum unterbrochenen
Vorkommens der Gerichtslaube als Urkundsort des Schultheißengerichts
, wird man kaum mit Geiges und Hefele der Meinung sein können,
daß es sich hier um eine auf älteren Verhältnissen beruhende, inzwischen
längst nicht mehr zutreffende Straßenbezeichnung gehandelt habe. Vielmehr
lag das damals dauernd benutzte Bauwerk, wie sich alsbald aus der Betrachtung
der allgemeinen Situation ergeben wird, als offene, nicht heizbare Holzhalle
auf dem Fischmarkt mitten auf der Marktstraße und bildete einen Teil
der Gebäude, die zu der dort wahrscheinlich bereits unter den Zähringern
aufgebauten Marktanlage gehörten00a.
Hoclimittelalterliclie Marktanlagen in Freiburg,
Süd Westdeutschland und der Schweiz
Wie diese Marktanlage aussah, können wir an dieser Stelle nur andeuten,
denn hier stoßen wir wieder auf eines der vielen ungelösten Probleme der
Freiburger Stadtgeschichte, dessen Klärung trotz mancher Versuche bislang
noch immer nicht völlig gelungen ist. Dabei erfahren wir ganz Entscheidendes
bereits aus dem Stadtrodel von 1220. In einem späteren, aber noch vor 1220
entstandenen Zusatz dieses ältesten Freiburger Stadtrechts werden drei Lobiae
erwähnt, die aber nach dieser Quelle bereits „per iuramentum a prima funda-
tione civitatis sunt institute"01. Es waren die „inferiores macelli", also die
spätere Niedere Metzig, die „lobiae prope hopitale", die sicher mit der später
vorkommenden AVat- oder Kramlaube zu identifizieren sind, und die Brot-
58 Geiges, Ältestes Rathaus a. a. O. S. 32 ff.
58 Munzel, Skulpturenzyklen a.a.O. S. 63 ff.; vgl. Beyerle, Stadtrechte a.a.O. S. 58 Anm. 1.
60 Siehe oben S. 16.
,;n«Eine Erinnerung an diese frühe Zeit findet sich in der um 1710/20 entstandenen Freiburger
Chronik des Bürgermeisters Franz Anton Bayer von Buchholz (Adreßbuch 1910, S. 42): „Von
des alten Battars des Kaufmanns allhie (Kaiserstraße 89) bis zu des welschen Becken Sarasin
haus ist, da Freyburg noch ein Dorf gewesen, die gemeine stuben gestanden." Obwohl diese
aus späterer Zeit stammende Nachricht von Hefele nicht berücksichtigt wurde, besteht u. E.
kein Anlaß zu der Annahme, die Stube zur Kione (s. o. S. 22) sei die älteste Ratsstube der
Stadt gewesen (Hefele, Pranger a. a. O. S. 58 f. Anm. 4).
01 Beyerle, Stadtrechte a. a. O. S. 129, 138 ff.
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