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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0143
Den Memoiren Joseis von Rosheim verdanken wir einen interessanten Hinweis
auf die Judenvertreibung in Endingen. Um 1478 geboren, galt er in einer
der qualvollsten Zeiten des deutschen Judentums als dessen repräsentative
Gestalt. Seine Eingaben an Kaiser und Könige, Herzöge und Bischöfe haben
auch seinen Gegnern Achtung abgefordert. Er war in unzähligen Fällen und
bei größter Gefahr für seine jüdischen Brüder oft deren einzige Hoffnung. Der
Vater Joseis hieß Gerson. Er war in jungen Jahren entweder bei seinen Oheimen
, den Juden Elias, Eberlin und Merklin in Endingen wohnhaft, oder um
die Zeit der Unruhe wegen des Mordes bei diesen zu Besuch. Jedenfalls entkam
er der Verfolgung durch die Flucht über den Rhein in das Elsaß37.

Gerson hat seinem Sohn diese Jugenderlebnisse geschildert. Die Memoiren
Joseis enthalten auch folgende Stelle bezüglich Endingen38. „Im Jahre 5231
kamen die Bedränger Endingens, um ihr Netz über drei Brüder, Onkel meines
Vaters, zu werfen. Nur mein Vater entkam mit großer Not. Die Feinde aber
unterzogen sie der Tortur, so daß sie falsch gestanden, daß ein Bastard (Christenleiche
) im unreinen Weinberge (Christenkirchhof) gefunden worden war.
Und sie wurden darauf verbrannt. Auch die Juden Pforzheims wurden damals
verbrannt, während der Bruder meines Schwiegervaters gerädert wurde in
der Stadt Hagenau"39.

In den Tagebüchern von Thomas Mallinger40 findet sich mit dem Datum
24. April 1616 folgender Eintrag: „Zuo Endingen ist ein statliche Comedia gehalten
worden von etlichen unschuldigen Kinderlein, so daselbsten von inn-
wonenten Juden vor Zeiten haimlich umgebracht, darüber sie eingezogen, bekennt
, und in dasz Fewe geworffen und verbrennt worden. Deren Kinderlein
Cadavera noch vorhanden und zuo zeigen sein. Eben zuo dieser Comedi seindt
von allen umbliegenden Städten und Flecken Gesandten begert und erfordert,
darbey auch stattliche instrumentalis und vocalis musica gehalten worden.
Sonsten von umbliegenden Orthen viel tausend Menschen herzuo gezogen,
solcher Comedi zuozuschawen und abzuowarten." Den Bericht über diese
„Comedia" führt 1858 Heinrich Schreiber an41, ebenso Amira als Einleitung zum
„Endinger Judenspiel". Schreiber glaubt, daß für dieses Spiel der Stoff aus
mündlicher Überlieferung und aus dem Verhörprotokoll kam. Hier soll nicht
über den literarischen Wert des Spiels geurteilt werden, es kommt in unserer
Betrachtung darauf an, welche neuen oder ergänzenden Darstellungen der
Vorgänge von 1462 und 1470 sich darin finden. Am interessantesten ist für uns
der dritte Akt, dessen Inhalt Schreiber so wiedergibt: Am Morgen (nach der
angeblichen Mordnacht) unterreden sich die zwei nächsten Nachbarn, Jakob
Metzger und Künlin Binder über das verdächtige Getöse in des Juden Scheuer
während der verflossenen Nacht. Der Jude Elias sagt ihnen, die Bettelleute,
die mit dem Namen Irus genannt sind, seien schon frühe wieder fortgegangen;

37 Stern, a. a. O. S. 18: „. . . der tragische Untergang seiner Oheime hat sein (Gersons) Leben verhängnisvoll
umdüstert". 1477 war Gerson in Oberehnheim (Feilchenfeld: „Rabbi Josel von Rosheim
" 1898, S. 6).

38 Frau Selma Stern-Taeubler, Basel, verdanke ich die Endingen betreffende, von Professor Tsvat
stammende Übersetzung des von Josel in hebräischer Sprache geschriebenen und schwer leserlichen
Textes.

39 Feilchenfeld a. a. O. weist darauf hin, daß die Folterung in Hagnau mit der Endinger Sache
nichts zu tun hat.

"", Mone: Quellensammlung der badischen Landesgeschichte Bd. II, S. 528 ff.
41 „Das Judenspiel zu Endingen", Freiburger Adreßkalender 1858.

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