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Sicherheit: Daß diese Adalbert, Bertold, Burchard, Udalrich je ein Elternpaar
besessen haben und (höchst wahrscheinlich beginnen hier schon Schwierigkeiten
) auch Geschwister und Nachkommenschaft von Frauen, die zunächst
einem anderen Sippenkreis zugehört hatten. Jede einzelne, urkundlich nur
für sich genannte Persönlichkeit tritt uns gleichsam als der Abgesandte einer
Mehrzahl von Menschen entgegen, mit denen sie nach festen Normen unter
ganz bestimmten Bedingungen gelebt hat, so daß um des natürlichen Lebensgesetzes
willen die blutsmäfiigen Beziehungen zwischen den uns in unserer
dürftigen Überlieferung entgegentretenden Persönlichkeiten sehr viel engere
und vielfältigere gewesen sein müssen, als sie selbst uns unmittelbar erkennen
läßt. Erst recht bei einer sozialen Schicht, die, wie der Adel, an eine nicht
allgemein verbreitete Qualität des Biutes gebunden war. Es könnte demnach
sehr wohl sein, daß die v ier in Arnulfs Mandat genannten Grafen in genealogischem
Zusammenhang miteinander stehen, sei es durch den Ursprung von
einem gemeinsamen Stammvater oder durch Verschwägernng ihrer Sippen
untereinander. Sehr viel sicherer aber ist es, daß das Blut dieser vier Persönlichkeiten
auch im 10. Jahrhundert noch weitergelebt hat, selbst wenn es
im Mannesstamm erloschen wäre. Eine erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts
in ihrer Geschlechterfolge genau erkennbar werdende Hochadelssippe muß
älter sein als ihr uns unmittelbar bezeugter Ahnherr, und es ist wenig wahrscheinlich
, daß ihre ältere Geschichte gar keine Spuren in der kargen Überlieferung
der vorausgehenden Zeit hinterlassen hätte. So bleibt es trotz aller
Schwierigkeiten lohnend genug, innerhalb der scheinbar zusammenhanglosen
Lückenhaftigkeit ihrer einzelnen Daten wenigstens die allgemeine Richtung
des Weges wieder aufzufinden, den solche Adelssippe nach den Gesetzen ihres
geschichtlichen Lebens durchmessen hat.
Historisch einwandfrei bezeugt sind uns die Vorfahren Bertolds IL, der
zuerst als de Castro Zaringen bezeichnet wurde, nur bis zu seinem Großvater
Becelin von Villingen, dem Sohn jener Bertha, deren Bruder Friedrich ein
Ahnherr Friedrich Barbarossas gewesen ist, so daß für die Scheidung von
dessen Ehe mit Adela von Vohburg der kanonische Rechtsgrund zu naher
Verwandtschaft hervorgeholt werden konnte, weil Adela als Ur-Ur-Enkelin
Becelins von dem gleichen Elternpaar abstammte wie der Staufenkönig.
Leider kennen wir dieses Paar weder selbst noch seine Sippenzugehörigkeit
. Aber wir können wenigstens mit Sicherheit den Gatten der Bertha, und
damit den Vater Becelins, bestimmen, denn weil dieser noch in der Mitte des
12. Jahrhunderts als der Villinger bezeichnet wird, kann er nur ein Sohn des
Breisgaugrafen Bertold sein, der am 29. März 999 in Rom v on Kaiser Otto III.
das Recht erhält, an dem ihm gehörenden Ort Villingen einen Markt mit
Münze und Zoll zu errichten. Diesen Zusammenhang bestätigt Becelin selbst
mit seinem Namen, einer Koseform von Bertold, und wenn wir sehen, daß
in jeder der folgenden sechs Generationen bis zum Erlöschen des Zähringer-
Hauses der Name Bertold an hervorragender Stelle steht, so sind wir berechtigt
, ihn auch für die ältere Zeit schon als den eigentlichen Sippennamen in
Anspruch zu nehmen.
Die ältere genealogische Forschung ist längst daran gewöhnt gewesen,
auf das häufige Vorkommen eines bestimmten Namens sonst nicht nachweisbare
Beziehungen zu gründen. Doch weil sie es meist nicht nur sehr äußerlich
und oft auch sehr willkürlich tat, sind die Zweifel an der Stichhaltigkeit
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