http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1966-67/0118
Zutreffend weist Luise von W i n t e r f e 1 d 450 darauf hin, daß das
Wort „personatus" im Freiburger Griindungsprivileg seinen prägnanten
Rechtssinn erst gewinne, wenn man es mit der wahrscheinlichen Vorlage des
Gründungsprivilegs, der Pax Alsatiensis, vergleiche. Der „serviens personatns
", d. h. der Ministeriale, der durch persönliches Ansehen, Amt und Lehnsbesitz
die hörigen Landbewohner überragt habe, sei zum Stand der volle
Zeugnisfähigkeit besitzenden Personen gerechnet worden. Der Zähringer Herzog
habe nun in Übereinstimmung mit flandrisch-französischen Zuständen
seine Bürger, unter denen auch Leute unsicherer Herkunft sein mochten, ständisch
, dem Stand der Ministerialen gleichgesetzt und ihnen Freiheit und Zeugnisfähigkeit
versprochen.
Überhaupt erweckt das Gründungsprivileg nicht immer den Eindruck, als
gehe es von vornherein von der Freiheit sämtlicher zusammengerufenen „mer-
catores" aus. So ist besonders auf die für freie Fernkaufleute, wie J. B ä r -
man n 457 meint, recht auffällige Versicherung des Erbrechts von Frau und
Kindern hinzuweisen458. Auch das Veräulierungsverbot für Hofstätten nur
im Notfall war der Verkauf gestattet dürfte die neue Siedlung für Fern-
kaufleutc aus dem reichen Köln und anderen Städten nicht gerade attraktiv
gemacht haben. Vielleicht hat B ä r m a n n nicht Unrecht, wenn er bemerkt:
„Die ganze Anlage macht vielmehr den Eindruck einer sehr engen, beinahe
noch hofrechtlich gebundenen Anlage und das auch hinsichtlich der Art der
Aufteilung und Zuteilung des Bodens, der juristischen Gestaltung der Bodenleihe
und der Unveräufierlichkeit45'."
Aber auch wenn man nicht so weit geht wie B ä r m a n n , wird im Ergebnis
wohl gesagt werden dürfen, dai\ sich weder aus der Wahl des Wortes
„personatns" noch aus dem übrigen Wortlaut des ältesten Freiburger Stadtrechts
ableiten läßt, daß die Freiheit der Siedler zwingende Voraussetzung
war.
Weiter ist zu überlegen, ob wir die „mercatores" des Gründungsprivilegs
nur als Kaufleute in dem Sinne zu verstehen haben, daß sie ausschließlich
Waren verkauften, die sie durch Kauf erworben hatten400.
Ferner ist zu erwägen und dies dürfte von entscheidender Bedeutung
sein , ob wir in den „mercatores personati" überhaupt einen eigenen Stand
sehen dürfen.
Auch Schlesinger zögert nicht, die Worte „mercatores personati" mit
„angesehene Kaufleute" zu übersetzen401, die er den „Nichtkaufleuten" gegen-
456 Versuch ü. d. Entstehung d. Marktes u. d. Ursprung d. Ratsverfassung i. Lübeck (Ztschr. d. Ver.
f. Lüb. Gesch. u. Altertumskd. 25 [1929J, S. 365 ff.), S. 426 f.
457 J. Bärmann, Die Städtegründungen Heinrichs d. Löwen u. d. Stadtverfassung des 12. Jh.
(Forsch, z. Dt. Rechtsgesch., Bd. 1), S. 96.
458 Art 2: „Si quis burgensium meorum defungitur, uxor eius cum liberis suis omnia possideat et
sine omni conditione, quecumque vir eius dimiserit, obtineat" (Schlesinger, Stadtrecht,
S. 97).
45D Städtegründungen, S. 93.
460 Vgl. u. a. S. R i e t s c h e 1 , Markt u. Stadt i. ihrem rechtl. Verhältnis (1897), S. 56: „Der Kaufmann
trägt seinen Namen vom Kaufen, nicht vom Verkaufen." R i e t s c h e 1 sieht zutreffend
auch die Handwerker als „mercatores" an (ebd.). Nur die Ackerbautreibenden schließt er aus
(S. 141 f.).
*ßl Stadtrecht, S. 98.
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