http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1966-67/0192
Abb. 20 Bau Amulett, a Boden, b Deckel
artiger Raum war die sogenannte „ I otenkapelle" im obersten Stock zwischen
dem „Schneck" und dem Winkel, den die hofseitigen Mauern bilden. Inmitten
stand eine gedrungene Säule, deren korinthisches Kapitell die gotisch pro
filierten Rippen der vier Kreuzgewölbe auffing, ähnlich wie in der offenen
Halle des vorderösterreichischen Regimentshanses, des heutigen Rathauses
zu Ensisheim im Elsaß. Vielleicht diente diese „Totenkapelle" wirklich zur
Aufbahrung verstorbener Domkapitulare; die Ausmalung u. a. mit Schädeln
und Gebeinen über dem Eingang scheint darauf hinzudeuten. All das wurde
durch den großen Brand 1944 zerstört. Als letzter Abglanz dessen, was einst
gewesen, blieb uns die älteste und künstlerisch wertvollste Innenarchitektur
erhalten, die reiche Wandgliederung mit den beiden Erkern im Hauptgemach
des Basler Hofs, dem heutigen Amtszimmer des Herrn Regierungspräsidenten.
Das Bauamulett
Und doch gab der weitgehend zerstörte Bau beim Aufräumen geborstener
Mauern einen ganz seltenen Fund heraus, zwei kreisrunde Scheiben von
H,1 Zentimeter Durchmesser, offenbar den Deckel und den Boden einer etwa
I Zentimeter hohen Bleikapsel, Abb. 20a, b. Sie enthielt wohl ein beschrie
benes Pergament. Die Scheiben tragen „Gravierungen astrologischen Charakters
, denen kleine plastische Figuren aufgelötet sind", wie Werner
Noack in seiner eingehenden Würdigung sagt. („Nachrichtenblatt der
öffentlichen Kultur- und Heimatpflege im Regierungsbezirk Südbaden" VI,
Nr. 1 3, 1955). Er nennt das Amulett — denn zweifellos handelt es sich um
ein solches ein „absolutes Unicum", für das es noch keine anderweitige
Vergleichsmöglichkeit gebe. Das Stück sei „von kulturgeschichtlich außer
ordentlicher Bedeutung". Seiner formalen Gestaltung nach gehöre die „qualitätvolle
und kunstgeschichtlich interessante Arbeit der Spätgotik am Ober
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