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resultierendes Glück samt stiller Zufriedenheit — möchte demgegenüber
wieder ganz hebelisch erscheinen. In diesen Begriffen kristallisiert sich wieder
einmal mehr Hebels Lebensauffassung, wird Hebels moralische Konstitution
sichtbar. Es sind die patriarchalisch gesehenen Tugenden des Staatsbürgers
nach Hebels Sinn. Zu jedem dieser berührten Begriffe die Belege in Hebels
Gedichten und Werken zu suchen, würde zu weit führen und erübrigt sich
auch; sie sind sehr zahlreich und bekannt. So wie das Friedenslied hier die
wünschenswerten menschlichen und staatsbürgerlichen Verhaltensnormen
setzt, entsprechen sie der Moralität, die Hebel allenthalben lehrt und übt,
im Werk wie im Leben. Ein paar wenige Parallelen nur aus dem Umkreis
der bisher schon angezogenen Gedichte: Die fünfte Strophe des Neujahrslieds
lautet:
Gebe denn . ..
jedem anf des Lebens Pfad
einen Freund zur Seite,
ein zufriedenes Gemüte
und zu stiller Herzensgüte
Hoffnung ins Geleite!
Ganz ähnlich spricht sich Hebel in den Schlußzeilen des Neujahrswunsches
des Wochenblattträgers für 1.815 aus:
So spreche Fried und Ruh
im lieben neuen Jahr,
das uns die Zeit gebahr,
Geehrte, bei euch zu.
Zum höchsten Glücke weiht
nicht Kiste, voll und schwer,
nicht Macht und Glanz und Ehr,
nur die Zufriedenheit...
Ganz ähnlich liest es sich auch in der sechsten Strophe des Wochenblatt-
trägerneujahrswunsches für 1816.
Die vierzehnte Strophe unseres Friedensliedes bringt weiter einige
Metaphern, die zum Grundbestand Hebelscher Friedensschlußlyrik zählen:
die „blutenden Wunden" der Kriegszeit finden sich wieder in Strophe vier
des Gedichts „Zum Neuen Jahr 1804" —, dort wird gewünscht, das Neue Jahr
möge sie heilen, hier, daß des „Friedens weise Hand sie verbinde", — eine
etwas nüchternere, aber wohl durch das Versmaß suggerierte Wendung. Mehr
bedeutet, daß diese Kriegswunden auch in dem alemannischen Gedicht „Der
Storch" (Strophe sieben, oben bereits angeführt) erscheinen. — Die Träne
der gleichen vierzehnten Strophe des Friedenslieds quillt auch im Neujahr-
lied; im übrigen ist die Anlage der ganzen Metapher recht eigentlich
meisterhaft.
Eine weitere ganz eindeutige Parallele zwischen unserem Friedenslied
und einem authentischen Hebelgedicht bringt Strophe fünfzehn. Die Apostrophierung
von Recht und Wahrheit dort entspricht ziemlich genau dem in
der letzten Strophe des Neujahrsliedes für 1804 ausgesprochenen Wunsch. -
Die sechzehnte Strophe bringt das starke dichterische Bild von dem im
Museum rastenden Schwert und den ebendort modernden Trophäen; doch
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