http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1966-67/0272
von Zürich bis Straßburg dürfte der Bischof im Gefolge des Königs gewesen
sein. Bei dieser mehrtägigen Begegnung trug Adalbero dem König die Bitte
des „Clericers Becilin"10 vor, diesem zum Gedeihen des Dienstes in St. Cyriak
ein Marktrecht zu verleihen. Der König entspricht dieser Bitte und bewilligt
einen Markt in dem Ort Rinka.
Was läßt sich dieser Urkunde mit Sicherheit entnehmen? Erstens: Ein Kleriker
Becilin steht der Eigenkirche des Grafen vor. Der Kleriker ist nicht
„Abt"; von einem Kloster ist auch hier nicht die Rede. Der Graf und der
Kleriker sind namengleich. Zweitens: Bischof Adalbero nimmt Interesse an
dem Vorsteher einer Kirche, die nicht in seiner Diözese liegt. Diese Kirche ist
außerdem eine Privatkirche (Eigenkirche). Drittens: König Heinrich IL, der
sonst überall kleinere und größere Kirchen und Klöster den Bischöfen zur
Stärkung der Reichsgewalt unterstellt, macht hier eine Ausnahme und bewilligt
der Privatkirche Birchtilos einen Markt! Viertens: Der Gaugraf im
Breisgau heißt „Bertdold" = Birchtilo.
Das sind die Fakten, an denen nicht zu deuteln ist. Gedeutelt wird aber
an der Identität der Personen. König Heinrich und Bischof Adalbero bleiben
natürlich außerhalb der Zweifel. Beginnen wir mit dem Gaugrafen. Heyck
sieht — mit Recht — in Bertdold den Grafen Birchtilo der Jahre 990, 993, 994,
995, der im Jahre 1005 verstarb. Keller11 u. a. sehen aber in dem Grafen
Bertdold einen neu eingesetzten Grafen im Breisgau, einen Vorfahren der
Zähringer, nämlich jenen Berthold der Jahre 998 und 999 in Rom. Warum?
Weil Heinrich IL die schwäbischen Grafen, die im Jahre 1002 auf Seiten des
Schwabenherzogs Hermann IL gegen ihn kämpften, angeblich abgesetzt habe.
Das ist eine Hypothese, zu deren Aufstellung keine Veranlassung vorliegt,
denn der König hält kein Strafgericht, wie wir sehen werden. Am 1. Oktober
1002 bittet Herzog Hermann den König in Bruchsal um Gnade, huldigt ihm,
wird vom König mit seinem Herzogtum neu belehnt und scheidet als „Lehensmann
und Freund"12. Von weiteren Strafmaßnahmen des Königs ist nichts
bekannt, obwohl das unerhörte Verhalten der Truppen Herzog Hermanns in
der Straßburger Kirche den König sehr erzürnte. Wenn es bei Thietmar
heißt: „Sed execrata Alemannorum turba ad rapiendum . . ." (V/14), so scheint
uns das mit „ein verruchter Haufe der Schwaben ..." richtig übersetzt. Ale-
mannien: das ist jenseits des Schwarzwaldes13. Die Leute des Herzogs, die in
Straßburg wüteten, dürften keine Leute aus dem Breisgau gewesen sein. Als
Herzog Hermann am 4. Mai 1003 stirbt, übernimmt der König selbst das Herzogtum
in Vertretung für den noch zu jungen Herzog Ernst. Aus unserer
Urkunde geht aber die enge Beziehung des königlichen Parteigängers Bischof
Adalbero zur Sulzburger Stifterfamilie hervor (Heyck sieht in Bischof Adalbero
den Vatersbruder Birchtilos); sollte dann Graf Birchtilo gegen Adalbero
gekämpft haben? Das ist sehr unwahrscheinlich; belegt ist davon nichts. Die
engeren Beziehungen zum Herzog Hermann IL hatte hingegen jener Thur-
10 Wenn St. Cyriak auch in dieser Urkunde des Königs nicht als Kloster bezeichnet wird, ein
Kleriker aber der Kirche vorsteht, so darf mit Recht auf ein Kanonikerstift geschlossen werden;
es wäre sonst ein Präpositus, Abt oder Prior als Vorsteher genannt. „Clerici" entspricht der
Stellung des Grafensohnes, der als Laienabt seiner Kirche vorsteht. Er ist nicht „Monachus" und
St. Cyriak kein Kloster. Dazu: K. Schmid, Kloster Schienen, S. 300.
11 H. Keller, Kloster Einsiedeln, Forsch, z. Oberrhein. Landesgesch. Bd. XIII (1964), S. 119.
12 Thietmar von Merseburg, Chronik V, 22.
13 Th. Mayer, Beiträge zur Gesch. von St. Trudpert (1927), S. 14.
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