http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1968/0084
geschriebenen Arbeit über die elsässischen Orgelbaumeister Callinet15,
merkte ich, daß auf Fragen über den Orgelbau in der Gengenbacher Klosterkirche
nur unzureichende Antworten zu erhalten waren. Mit der Auskunft,
die Orgel sei um 1730 entstanden 16, konnte ich zwar die zeitliche Einordnung
des Instrumentes in geschichtliche Zusammenhänge versuchen, eine Lösung
der Rätsel ergab sich dadurch nicht. Wer war der Auftraggeber für den
Orgelbau gewesen? Was bedeuteten die beiden verschiedenen Abtswappen
im Prospekt für die Baugeschichte des Instrumentes? Welcher Orgelbauer
war beauftragt worden? Von welchem Meister stammten die Gemälde in den
Aufbauten? Welche Bildhauer hatten die stilistisch nicht einheitlichen
Schnitzereien geschaffen?
Entstehung der Orgel
Den Aufzeichnungen des Paters Augustin Dornblüth 17a, die durch glückliche
Fügung in den Besitz des Badischen Generallandesarchivs in Karlsruhe
gelangten, verdanken die Historiker nicht nur Einblicke in die manchmal
scharfer Kritik unterzogenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klosters,
sondern auch wertvolle kunstgeschichtliche Hinweise für die ersten Jahrzehnte
des 18. Jahrhunderts. So läßt uns der genannte Chronist wissen — ich
wiederhole die in der Literatur mehrfach zitierte Nachricht —, daß 1723 in
der Gengenbacher Abteikirche „der Newe Hohe Chor Altar von Gibbs-
Marmor verfertiget, . . . aber ersagter Newer Chor-Altar in Anno 1730 um
wegen der Commoditaet des Newen Chor-gestühlß und Orgl widrum
cahsiert" 17b worden sei. Das Kloster hatte den Bau einer Chororgel in die
Neugestaltung des Psallierchors der Mönche, deren neues, bequemeres Chorgestühl
den wenige Jahre zuvor errichteten Hochaltar verdrängte, miteinbezogen
. Während brauchbare Reste des Hochaltars nach Ettenheimmünster
verkauft wurden 18, wechselte das von Pater Paulus Seeger stammende
Altarblatt „auf die Seithen bey der Sacristey" über. Lediglich ein kleiner
Altar mit dem von Bildhauer Philipp Winterhaider 19 gefertigten „Taber-
nackhul so nur annoch auf dem Altar stehet" dürfte nach den Veränderungen
das Chorquadrat gegen das Kirchenschiff hin abgeschlossen haben, ein
gewollter Zustand, dem die ungewöhnliche Gestaltung des 1733 vollendeten
Orgelprospektes, besonders im Bereich über dem Pfeifenwerk, Rechnung
trug.
15 Hermann Brommer über P. Meyer Siat, „Les Callinet — Facteurs d'orgues ä Rouffach et leur
oeuvre en Alsace", Strasbourg 1965, im Schau ins Land 83./1965, S. 185 und 186.
IC Wie Anm. 5, S. 392. Hinweis des Augustinermuseums am O^gelprospekt.
*7a Pirmin Lindner, „Die Schriftsteller und Gelehrten der ehemaligen Benediktinerabteien im jetzigen
Großherzogtum Baden" im Freiburger Diözesanarchiv, 20. Band/1889, Seite 137 mit Anm. 1.
17b Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 65 Hs. 229, Urkunden des Klosters Gengenbach (Sammlung
des Abtes B. M. Schwörer), S. 656.
18 Adolf Hacker, Ettenheimmünster — Seine Baugeschichte — Ein Beitrag zur Geschichte des
Barocks am Oberrhein, Dissertation der Techn. Hochschule Darmstadt/1938, S. 28.
19 Hermann Brommer, „Philipp Winterhaider Ein Barockmeister aus Ki-chzarten — Bildhauer
und Ratsherr in Gengenbach" in Badische Zeitung, Beilage Gestern und Heute Nr. 21 vom
27. Mai 1967.
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