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stellt sich die Frage, wie derartige präzise und sorgfältige Ausarbeitungen zustande
kommen konnion. die der Ruhe und Konzentration bedurften. Allerdings
hat er sich von /ril £ti Zeit mehr zur Arbeit als zur Muße auf sein Schloß
ßazoches zurückgezogen. Für die Zeichnungen der Pläne bediente er sich eines
Zeichners.
Saint-Simon, der mit hellseherischer Treffsicherheit die Schwächen jedes
Menschen, dem er begegnet, erspürt, zollt Yauban uneingeschränkte Anerkennung
. Er wird als der ehrenhafteste Mann seines Jahrhunderts bezeichnet, und
mit dem großen Ruf, den er als der gelehrteste Mann in der Kunst der Belagerungen
und Befestigungen besitzt, verbinden sich die Eigenschaften des einfachsten
, wahrhaftigsten und bescheidensten Menschen. Sein kriegerisches,
wildes und bäuerisches Aussehen entspricht keineswegs seiner seelischen
Beschaffenheit, er ist zartfühlend, verbindlich und respektvoll. Saint-Simon
ist verwundert darüber, dail ein ann mit dieser Geradheit und mit diesem
Freimut in einer Gesellschaftsordnung, die ihrem Untergang entgegentreibt,
das Vertrauen Louvois' und des Königs gewinnen konnte, dessen Wunsch, Yauban
zum Marschall von Frankreich zu ernennen, dieser zunächst ablehnt, da
er nicht dazu geschaffen sei, die Armeen des Königs zu kommandieren3.
Als einer der Wesenszüge Yaubans wird seine Neugier (curiosite) bezeichnet
, von der „diejenigen, die im Dienste stehen, im allgemeinen allzusehr
befreit sind", er informiert sich über alle Einzelheiten des Landes und seiner
Bevölkerung, er interessiert sich, wie es in der erwähnten Biographie heißt,
„für verächtliche Details, die indessen zur Kunst der Regierung gehören4".
Gegenüber dem Minister, der ihn schätzt und schützt, wahrt Vauban Ansehen
, Freimut und Ruf, er lehnt es ab, Maßnahmen zu ergreifen, die er als
unvernünftig ansehen muß. „Fürchten Sie nicht, daß ich keinen Ausweg sehe",
schreibt er am 26. Juni 1678 ans Dünkirchen an Louvois, „ich bin nicht dabei,
mich lächerlich zu machen und noch weniger, meine Reputation zu verlieren5."
Von Ypern aus schreibt er dem Minister am 5. September 1678 voller Selbstbewußtheit
: „Entscheiden Sie über diese Frage, wie es Ihnen aufgrund Ihrer
Autorität gefallen wird, und versuchen Sie nicht, mich durch Vernunft zu
überzeugen, da ich diese ganz auf meiner Seite habe, und in Gottes Namen
beendigen wir diese Schikane6."
Louvois ist auf Sparsamkeit bedacht, Yauban auf Sicherheit, er empfiehlt
aber auch bei der Beschreibung der Festungswerke des Schloßbergs von Freiburg
: „Man soll die Ausschmückungen der Architektur vorsehen, die notwendig
sind" und entwirft Pläne für die architektonische Gestaltung der Tore der
Stadt und der Forts. Die Verschiedenheit dieser Gesichtspunkte führt gelegentlich
zu Reibungen mit Louvois, der am 10. Mai 1679 an Vauban schreibt:
„In den Entwürfen haben Sie, entsprechend Ihrer guten Gewohnheit, das Geld
nicht gespart."
Wenn Liebe zu Kindern blind macht, dann ist es um so überraschender,
daß der Schöpfer hervorragender Festungsanlagen in einer dem König im
Januar 1694 vorgelegten Denkschrift sich mit den Plätzen beschäftigt, „deren
3 Saint Simon Memoires, par Laurent IIr S. 201.
4 B.N. 14338.
5 A 1 616 S. 105.
6 A 1 616 St. 182.
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