http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1970/0086
Es ist unsicher, ob Betzmanns Schreiben in einer Zeit, in der das gegenseitige
Abfangen der Post zu den sportlichen Obliegenheiten der feindlichen
Armeen gehörte, den Markgrafen erreicht hat. Sicher ist, daß das Schreiben
oder eine Kopie dem im Elsaß befindlichen Marschall de Villars, der damals
Gouverneur von Freiburg war, übersandt wurde. Der Inhalt des Schreibens
scheint Villars wichtig genug zu sein, um sich am 23. Oktober 1694 nach Freiburg
zu begeben, um die Möglichkeiten der Ausführbarkeit der Pläne Betzmanns
an Ort und Stelle nachzuprüfen. Villars ist skeptisch und kritisch, er
hält es für möglich, daß Betzmann dieses Schreiben nur abgefaßt hat. um sich
bei den Dienststellen der kaiserlichen Truppen verdient zu machen und in
ein gutes Licht zu setzen, aber nur ein Augenschein kann ein abschließendes
Urteil über Betzmanns Pläne erlauben. Einen Posten „Dauphin" gibt es im
Schloß Freiburg nicht, aber Betzmann mag gehört haben, daß die Soldaten
die Bastion 57 der Festung auf dem Schloßberg mit dem Namen „Dauphin"
bezeichneten, weil in der Nähe dieser Bastion Kompanien des Regiments Dauphin
untergebracht waren. Betzmann mag diesen Ort als zugänglich angesehen
haben, weil er wissen konnte, daß sich durch eine Schießscharte an der Flanke
dieser Bastion ein Sergeant mit Hilfe eines Stricks acht Klafter tief heruntergelassen
hatte. In Begleitung des in Freiburg stationierten Kommandanten
Chevalier Clairac de la Mammve und von Herrn de la Battue besucht Villars
zunächst das Adlerfort, das Betzmann als Salzbüchse bezeichnet hatte. Das
Fort war von einem Sergeanten und 14 Mann besetzt. Mit Hilfe einer drei
Klafter langen Leiter konnte man in das Fort eindringen, aber der in der
Mitte der Anlage befindliche Festungsturm gibt der Besatzung nach Meinung
Villars' ausreichend Sicherheiten. Einige kleinere Reparaturen werden als
notwendig angesehen.
Bei der Besichtigung des Schlosses findet Villars zwei schwache Stellen vor.
Eine Schießscharte, die einen Anreiz zum Erklimmen der Mauer geben könnte,
soll von außen zugemauert werden. Die andere schwache Stelle befindet sich
bei der Bastion 41, benutzt man den gedeckten Weg, der vom Adlerschloß
zum Hauptschloß führt, so kommt man an eine Stelle, an der die Mauer sich
nur anderthalb Klafter erhebt, hier könnte man unschwer zu einem Wachturm
gelangen, von wo aus man einen leichten Zugang in das Innere des
Schlosses hätte. Um diese Gefahr auszuschließen, soll mit einem Kostenaufwand
von 1000 Livres eine 15 Fuß lauge Mauer errichtet werden, die die
Möglichkeit eines Einstiegs ausschließt. Die in Freiburg stationierten Offiziere
Clairac de la Mammye und de la Battue sollen die notwendigen Reparaturen
unverzüglich durchführen.
Dem derzeitigen Kommandanten von Freiburg, Clairac de la Mammye,
zollt Villars uneingeschränktes Lob, er bemühe sich nicht nur um die Sicherstellung
des Platzes Freiburg und um den Unterhalt der Garnison, wobei
er in sparsamer Weise verfahre, er habe auch ein gutes Einvernehmen mit
den Bürgern, die ihm mehrfach als Vorschußleistungen Darlehen gegeben
hätten. Villars schlägt dem Kriegsminister Barbezieux vor, einen Betrag von
15000 Livres zur Verfügung zu stellen, um diese Schulden abzahlen und das
Vertrauen der Bürgerschaft erhalten zu können. Er selbst begibt sich in das
Hauptquartier des Marschalls de Lorge, des Oberkommandierenden der in
Deutschland operierenden Armee, die alsbald ihre Winterquartiere beziehen
soll.
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