http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1970/0087
Villars versichert in seinem Bericht dem Minister, man werde alles tun,
um die Komplizen Betzmanns zu entdecken, derjenige, der ihm den Brief
Betzmanns übersandt habe, werde alles tun, um ihn zu verhaften. Es erscheint
nicht ausgeschlossen, daß Prinz Ludwig selbst oder einer seiner Beauftragten
den Brief Betzmanns Villars in die Hände gespielt hat, da Betzmann als
früherer Deserteur eines kaiserlichen Truppenteils angesehen werden konnte.
Betzmanns Persönlichkeit und Handlungsweise bleiben im Zwielicht. Er
hat mehreren Herren gedient, aber dies entsprach den Wirren der Zeit, in
der deutsche Regimenter und schweizerische Kontingente nicht nur auf Seiten
des Kaisers, sondern auch im Dienste des französischen Königs fochten. Villars'
Zweifel, ob Betzmanns Vorschläge fundiert und ernst gemeint waren oder
nur dem Wunsche entsprangen, die Gunst der Kaiserlichen zu erlangen,
erscheinen nicht unbegründet. Ob die kaiserlichen Truppen Betzmanns Vorschläge
befolgt hätten, wenn diese nicht vorzeitig verraten worden wären,
muß bezweifelt werden. Waren seine Motive der Patriotismus, auf den er sich
als „guter Deutscher" berief, oder Geltungstrieb oder der Wunsch nach Vorteilen
, oder war er, Conrad Ferdinand Meyers Formel vorwegnehmend,
schlechthin ein „Mensch mit seinem Widerspruch"?
Man könnte versucht sein, den Handstreich auf Freiburg, der nie stattgefunden
hat, als eine Groteske anzusehen, wenn nicht der blutige Ernst des
letzten Aktes mit tragischem Akzent die Kette der Ereignisse abschlösse.
Der aus der französischen Gefangenschaft entlassene Hauptmann Erhardt
(nunmehr als „Herford") bezeichnet, wird von Betzmann des Verrats beschuldigt
, durch ein kaiserliches Kriegsgericht zum Tode verurteilt und in Villingen
enthauptet. Dies ergibt sich aus einem Schreiben, das ein anonymer Gewährsmann
, der aus der Gegend von Villingen über die Bewegungen der kaiserlichen
Truppen berichtet, dem Kommandanten der Stadt Freiburg übersandte.
Aber auch Betzmann befindet sich nach diesem Schreiben unter strenger
Bewachung in Haft, er werde wahrscheinlich dasselbe Schicksal erleiden.
Aber noch einmal wendet sich Betzmanns Los zum Besseren. Am 18. Mai
1695 berichtet derselbe anonyme Gewährsmann, daß Betzmann, früherer
Partisan und Deserteur aus Freiburg, sich durch Vermittlung des Generals
von Fürstenberg an den Kaiser gewendet habe mit der Bitte, ihm für seine
Dienste eine Gratifikation zu gewähren. Es wird nicht berichtet, ob ihm diese
Gunst zuteil wurde, seine Spur verliert sich im dunkeln4.
Wie Villars in seinen Memoiren mitteilt, gab ihm sein Aufenthalt in Freiburg
im Herbst 1694 Gelegenheit, die Eingänge zum Schwarzwald zu besuchen
. Er findet den Zugang nicht so schwierig, wie man angenommen hatte, und
erwirbt sich eine Kenntnis der Landschaft, „die sich in der Folge als nützlich
erweisen wird5".
Dieser Erkundungsritt Villars' fand am 8. November 1694 statt. Im Depot
des „Genie" befinden sich zwei Denkschriften, als deren Verfasser Villars
angegeben wird, die jedoch ein früheres Datum tragen. Entweder hatte Villars
bereits früher Freiburg besucht oder die Denkschriften waren von Beauftragten
ausgearbeitet und von Villars gutgeheißen worden. Ein Memorandum
4 A 1 1321 St. 77 „nouvelle" 9. 4. 1695. St. 160 18. 4. 1695.
5 Villars, Memoires S. 261.
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