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IV. Archivpfleger, Pflegerorganisation, Tagungen, Mitteilungsblatt
Daß es gelang, innerhalb eines Jahrzehnts weit über 600 „In v e n t a r e
B a (1 i s c Ii e r G e in e i n d e a r c h i v e " (bei fast tausend Gemeinden in
Siidbaden nahezu zwei Drittel aller Genieindearchive) herauszubringen, beruhte
vor allem auf dein Geschick und der Umsicht Dr. Wel lmers, der nicht
nur das Gebot der Stunde richtig erkannte und zu nutzen verstand, sondern
auch die Archivpflege mit neuem Inhalt und neuen Zielsetzungen zu erfüllen
wußte. Zustatten kam ihm dabei seit 1949 das auf unermüdliches Betreiben
von Wohleb und Asal zustande gekommene Landesgesetz zum Schutze der
Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz) vom 12. Juli 1949. Bis Ende 1971 war
dieses Gesetz die unentbehrliche, zuverlässige Grundlage auch für die siid-
badische Archivpflege, auf dem Gebiet des nichtstaailiehen Archivwcsens damals
das erste und lange Zeit das einzige seiner Art in Deutschland. Überdies
glückte es Dr. Wellmer, einen Kreis von Archi vpflegern um sich zu sammeln,
auszubilden und ins Land „ausschwärmen" zu lassen. Diese im Jahr 1953 auf
über 70 Namen angewachsene „Archivaren-Truppe" rekrutierte sich aus pensionierten
oder 1945 außer Dienst gestellten Gymnasial- und VolksschuHeh-
rern, Bürgermeistern und Ratschreibern, Verwaltungsinspektoren und Amtmännern
, aus einigen wenigen alten Pflegern der BUK, ein paar Stadtarchi-
varen, die ein bißchen das Umland ihrer Städte in den Rahmen ihrer Tätigkeit
einbezogen, und aus einer großen Zahl von Studentinnen und Studenten,
die damals noch nicht so sehr wie heute der Segnungen von Studienbeihilfen
teilhaftig wurden und deshalb gerne die Gelegenheit zu einem kleinen Nebenverdienst
wahrnahmen, zumal die Archivordnung für viele eine willkommene
praktische Ergänzung ihrer Studien darstellte21.
Ein Lehrauftrag für Oberrheinische Landesgeschichte an der Universität
Freiburg i. Br.. den Dr. Wellmer im August 1951 bekam, war auch für die Ar-
chivpflege nützlich. In archivalischen Übungen und in praktischer Arbeit in
Gemeindearchiven konnte Wellmer eine Reihe von Studenten zu Archiv-
pflegern ausbilden, die für einige Jahre den Stamm der inzwischen gewonnenen
Mitarbeiter erfreulich erweiterten22. In der Zeit von 1951 bis 1954, den für
die Archivpflege in Siidbaden ergiebigsten Jahren, waren auch fast immer alle
18 südbadischen Landkreise mit Kreisarchivpflegern besetzt.
Daß diese große, bunt zusammengewürfelte Schar von Archivpflegern gleichwohl
keine homogene „Eliteeinheit" war, sondern sich in diesem Kreis vom
Archivfachmann bis zum Scharlatan alles versammelte, sei nicht verschwiegen.
Der Leiter des Landesarchivamtes hatte deshalb manche liebe Not, um das eine
oder andere schwarze Schaf zur Zurückgabe seines Archivpfleger-Ausweises
zu bewegen. Trotz alledem, der Erfolg rechtfertigte das Unternehmen, auch
wenn manchmal etwas Sand aus dem Getriebe entfernt werden mußte.
Ein enger Mitarbeiter von Dr. Wellmer war der jetzige Leiter des Kulturamtes
der Stadt Singen, Oberarchivrat Dr. Herbert B e r n e r, der
im Früh jahr 1950 bei Professor Dr. Gerhard Ritter in Freiburg i. Br. promo-
21 Unter den Studenten, die während ihres Studiums oder noch kurze Zeit nach dem Examen als
Archivpfleger tätig waren, erscheint auch Dr. Konrad Kraske aus Gutach, der heutige Generalsekretär
der CDU, dem Dr. Wellmer am 20. August 1951 einen Archivpflegerausweis ausgestellt
hat!
22 WELLMER II, Seite 4.
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