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da aber selbes durch Unglücksfälle, Kriegsdrangsale und Flüchtungen inehrmahlen
in solche Verwirrung gekommen, daß man bei dieser traurigen Lage in die Not versetzet
wurde, das ganze Archivwesen neuerdings zu untersuchen und obschon man
vorsah, daß zu dieser Last Arbeit viele Jahre verwendet werden müssen; doch dessen
ohngeacht hat man in Erwägung gezogen, wie gut und erwünscht es wäre, wenn die
schon so lange in Verwirrung liegenden Archival Akten aus dem Finsteren wieder
an das helle Licht hervorgebracht wurden, da durch diese Arbeit nicht allein die Gott
gefällige Justiz, sondern auch die herrschaftlichen sowohl als der Untertanen Gerechtsame
befördert würden; in Betracht dessen hat man sich entschlossen, diesem
so wichtigen Geschäft sich ganz zu widmen, man nahm also die Arbeit vor die Hände
und suchte nach und nach die im Finsteren liegenden Acta und Documenta an das
helle Licht hervorzubringen. Da aber während dieser Arbeit mehrmahlen Prozesse
ausgebrochen und deswegen man oft dieses Geschäft verschieben müßte, dessen ohngeacht
suchte man nebst täglichen Vorfällen die übrige Zeit zu dieser Arbeit anzuwenden
, und zwar so lang, bis man endlich das erwünschte Ziel erreicht hatte, und
also hat man in Zeit vieler Jahren das Archiv Einrichtungsgeschäft zustande gebracht.
Da man also schon mit dem Jahre 1765 bis auf das Jahr 1805 sich in dem fürstlich
sanktblasianischen Archiv und zugleich sich mit Einrichtung desselben bishero verwendet
hat, als findet man zu Beibehaltung guter Ordnung in Archivsachen noch
nötig zu sein, nachstehende Punkte anzumerken.
§ I
Immer ist die äußerste Sorgfalt zu tragen, das Archiv und die darin befindlichen
Schriften sauber und reinlich in bester Verwahr zu erhalten.
§ 2
Sollen die Kästen und Schubladen mit Akten nicht gar zu voll angefüllt werden,
damit die künftig vorkommenden Akten zur betreffenden Materie hingelegt werden
können.
§ 3
Ist wohl zu bemerken, daß man die mit Sand überstreuten Schriften nicht in die
Schubladen ohngesäubert einlege, damit die Schriften, wie es geschehen könnte, nicht
nach und nach durch den Sand abgerieben und ausgetilget werden.
§ 4
Wenn zwischen benachbarten Herrschaften oder Untertanen Prozesse ausbrechen
und der Streit mehrere Jahre fortgesetzet würde, so sollen die Prozeßschriften, wie
sie von Zeit zu Zeit einkommen, chronologisch in Folio zusammengeleget, jedes Stück
rubriziert, numeriert und alsdann solle über den ganzen Hergang des Prozesses ein
Directorium abgefasset werden, damit man hieraus den ganzen Inhalt der Streitsache
in Kürze einsehen kann.
§ 5
Wenn wegen Jurisdictionsstreitigkeiten oder sonsten in Sachen zwischen benachbarten
Herrschaften und Untertanen Verträge errichtet werden, in welchen verschiedene
Materien und Ortschaften enthalten, so solle jede Materie oder Inhalt in
die Lagerbücher bei jedem betreffenden Ort eingetragen werden, doch daß man eine
Abschrift von dem Original ad Acta lege und auf der Abschrift die Archiv-Signatur
anmerke und anzeige, wo und in welcher Schublade das Original zu linden sei; die
Original Urkund aber solle mit Papier umfasset, darauf der Inhalt beschrieben, und
selbe alsdann in das Originalium Lagerbuch mit angemerkter Archiv Signatur eingetragen
werden.
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