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Hilgen (884 und 887), das sofort als eine bedeutende Pfalz hervortritt11. Die
Reichsversammlungen zeigen an, daß Alemaiinien jetzt seine Randposition
hinter sich gelassen hat und gleichberechtigt in die Reihe der großen Stämme,
die das Reich tragen, eingetreten ist.
Allerdings hat es die Bedeutung, die es unter Karl III. besaß, der als Graf
im Breisgau in die Geschichte eingetreten ist, nicht auf die Dauer behaupten
können. Unter seinem Nachfolger Arnulf stellte sich vielmehr wieder eine
Situation ein, die weitgehend derjenigen unter Ludwig dem Deutschen entsprach
: das Schwergewicht der Herrschaft lag wieder in Bayern; die Haupt-
verbinduiigen führten von da nach Franken und nach Italien, so daß Alemaiinien
wieder mehr an den Rand rückte. Die Folge war, daß dank seiner Zwi-
schenlage neben Augsburg wieder Ulm zur meistbesuchten schwäbischen Pfalz
aufrückte12. Die Reichenau behielt ihre alte Bedeutung; neu ist nur, daß mit
Bischof Salomo, einem ehemaligen Kapellan und alten Vertrauten Arnulfs,
jetzt auch Konstanz in engere Verbindung zum König trat. Doch bedeutete
dies prinzipiell nur eine Bestätigung dafür, daß der karolingische König in
den großen Kirchen Alemanniens seine stärkste Stütze sah.
Dieses Prinzip hat dann in stärkstem Maße die Herrschaft Ludwigs des
Kindes, des letzten ostfränkischen Karolingers, ebenso aber auch Konrads L,
der kein Karolinger mehr war, aber wie ein Karolinger regieren wollte, bestimmt
. Es ist bekannt, daß Erzbischof Hatto von Mainz, der frühere Abt der
Reichenau, und Bischof Salomo von Konstanz, der gleichzeitig Abt von St. Gallen
war, den größten Einfluß auf den unmündigen König Ludwig ausübten
und praktisch die Regierung führten. Dementsprechend hat sich der Hof im
wesentlichen zwischen dem Rhein-Main-Gebiet mit den häufigsten Aufenthalten
in den Pfalzen Tribur und Frankfurt und Alemaiinien hier mit
den häufigsten Aufenthalten in der Pfalz Bodman — hin und her bewegt13.
Dabei fällt auf, daß Ludwig im Unterschied zu seinen Vorgängern keine oder
kaum Bischofsstädte und Reichsklöster aufgesucht hat. Daraus ist jedoch nicht
zu schließen, daß sie unter ihm eine geringere Rolle spielten. Bei näherem Zusehen
zeigt sich vielmehr, daß das Gegenteil der Fall war: sie wurden nur be
wüßt geschont, und zwar offensichtlich weniger vom König als von seinen
Begleitern, eben Hatto von Mainz und Salomo von Konstanz, die es vorzogen,
statt in Mainz in der nahen Pfalz Frankfurt und statt in Konstanz im nahen
Bodman mit dem König zusammenzutreffen, um auf diese Weise ihren Kirchen
die Kosten für den Unterhalt des Hofes zu ersparen. Hatten sie dabei zweifei
los den Vorteil ihrer Kirchen im Auge, darf man freilich nicht übersehen, daß
sie auf der anderen Seite auch ihre Kirchen nicht schonten, als sie in die blu
tigen Fehden eingriffen, in denen die großen Familien gerade unter Ludwig
dem Kind ihre Macht zu erweitern suchten. Hatto wie Salomo verfochten dabei
mit Entschiedenheit ebenso ihre eigenen wie die Interessen des Königtums.
Man versteht es deshalb, daß ein König wie Konrad L, der bewußt in die
karolingischen Zusammenhänge eintrat, diese bewährten Anhänger des König
tu ms als seine wichtigsten Helfer beibehielt. Wie unter Ludwig dem Kinde, so
lagen nach dem Ausweis seines Itinerars seine Machtzentren ebenfalls wieder
11 BM2 1677 d/78 und BM2 1748 a/49.
12 In Ulm nachweisbar 889, 890 und 891: BM2 1839, 1848 und 1867 c
13 Ludwig das Kind ist nachweisbar in Tribur in den Jahren 900, 902, 904, 906, 907, 908 und 910; in
Frankfurt 900, 904, 907, 910 und 911, in Regensburg: 901, 903, 904, 905 und 906, in Forchheim: 900,
903, 908 und 910, in Bodman: 901, 905 und zweimal im Jahre 909.
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