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Hauptsitz der Leyen, regiert. Hohengeroldseck war für sie ein bedeutender
Gewinn. Wechselseitig erwuchsen daraus dem Territorium und dem Haus von
der Leyen Vorteile. Carl Caspar wurde 1710 als Lehnsinhaber von Hohengeroldseck
in das Schwäbische Grafenkollegium aufgenommen, 1711 erlangte
er vermöge des Sitzes und der Stimme in diesem Kollegium die Kreis- und
Reichsstandschaft, so daß ihn Kaiser Karl VI. bald darauf in den erblichen
Reichsgrafenstand erhob. Nicht nur die rechtliche Qualität der einstigen
„Herrschaft" der Geroldsecker als nunmehr eigenständige „Grafschaft" war
jetzt gefestigt, auch die damit belehnte Familie hatte auf dieser Basis ihren
Rang und ihr Ansehen beträchtlich erhöht.
Auch die für die Leyen entlegene Schwarzwälder Grafschaft nahm an dem
allmählichen inneren, zumal wirtschaftlichen Wiederaufbau ihres Hoheitsgebietes
teil. Die Burg Hohengeroldseck war Anfang Januar 1689 von französischen
Truppen geplündert und niedergebrannt, ein österreichischer Plan,
sie 1697 als Sperrfeste im Krieg gegen Frankreich zu modernisieren, aufgegeben
worden. Da die Ruine sich nicht mehr wiederherstellen ließ, wurde Seelbach
Hauptort der Grafschaft, Schloß Dautenstein Verwaltungssitz. Die fünfzehn
Jahre von 1775 bis 1790, während deren die Reichsgräfin Marianne6, geborene
Freiiii von Dalberg, eine Schwester des späteren Kurerzkanzlers Dalberg
, mit glücklicher Hand für ihren unmündigen Sohn regierte und Blieskastel
als neue Residenz der Leyen ausgebaut wurde, brachten auch Hohengeroldseck
mancherlei Fortschritte.
Reichsgraf Franz Philipp von der Leven, regierender Herr seit 1790, verlor
in den französischen Revolutionsstürmen bald seine gesamten linksrheinischen
Gebiete, so daß ihm nur Hohengeroldseck und der schmale Besitz an der Lahn
verblieb. Die Rheingrenze zugunsten Frankreichs, die sich 1797 im Frieden
von Campoformio und 1798 auf dem Rastatter Kongreß abzuzeichnen begann,
1801 im Frieden von Luneville endgültig festgesetzt wurde, hatte zur Folge,
daß auch den Leyenschen Verlusten die Aussicht auf rechtsrheinische
Gebietsentschädigung gegenüberstand. Auf dem Rastatter Kongreß wurde
eine Abrundung von Hohengeroldseck durch die strafiburgischen Ämter Etten-
heim und Oberkirch sowie die Abteien Ettenheimmünster und Gengenbach,
oder durch die Herrschaft Lahr und die Reichsstadt Gengenbach erörtert, bei
der Vorbereitung des Reichsdeputationshauptschlusses 1802 zum Vollzug
der Luneviller Vereinbarungen ein neues leyensches Territorium in Ober-
schwaben aus fünf bisherigen Abteien mit Schussenried als Zentrum, bei der
Gründung des Rheinbundes 1806 das seitherige Fürstbistum Konstanz als
neues leyensches Staatsgebiet. Jedesmal aber blieb es bei bloßen Projekten;
nicht einmal der Tausch der Dörfer Wittelbach, der alten strafiburgischen
Exklave im Geroldsecker Gebiet, und Zunsweier, des eigenartigen Quasi-
Kondominatsorts, mit Baden kam zustande. Denn Graf Franz Philipp war nicht
dazu veranlagt und verstand es gar nicht, seine Interessen auch nur einigermaßen
geschickt und nachdrücklich zu vertreten. Zudem hatte er sich die Gunst
des Kaisers in Wien, des alten beständigen Protektors seines Hauses, durch
auffallend schlechte Wirtschaftsführung und maßlose Verschwendung, die in
scharfem Kontrast zu seinen übertriebenen finanziellen Forderungen standen
, schon 1801 endgültig verscherzt. Auf deutscher Seite unterstützte ihn
6 Ludwig Eid : Reichsgräfin Marianne von der Leyen geb. von Dalberg. Leben, Staat, Wirken.
Hrsg. von Wolf gang Krämer, Saarbrücken 1937.
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