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zutreten und ihnen sogar unmittelbar zu helfen, um das Territorium zu erhalten
. Infolge dieses ständigen scharfen Gegensatzes war und blieb Hohen-
geroldseck ein hart umkämpftes Objekt habsburgischer und badischer Haus-,
ja Machtpolitik.
Zweimal schien den Markgrafen ein Erfolg sicher. Friedrich VI. vermochte
1668 mit Kaiser Leopold I. durch persönliche Verhandlungen eine gütliche Einigung
anzubahnen; sie zerbrach aber vor allem an der starren Haltung des
Cronbergers. Nach dessen erbenlosem Tod schritt Friedrich Magnus 1692 zur
Selbsthilfe und nahm mit bewaffneter Hand trotz der leyenschen Exspektanz
und späteren Belehnung das Geroldsecker Allodialgut in markgräfliche Verwaltung
. \on seiner gleichzeitig vor dem Reichshof rat erhobenen Klage erhoffte
er den endgültigen Urteilsspruch für Baden. Statt dessen mußte er erleben
, daß ihn der Kaiser 1697 mit Waffengewalt aus Hohengeroldseck vertreiben
und den Freiherrn von der Leven als neuen Lehensträger in der gesamten
Grafschaft einsetzen ließ; der Prozeß in Wien ging weiter und schleppte
sich bis zum Ende des Alten Reiches hin, ohne je ein Definitivurteil zu zeitigen
. Stärker als die Proteste, die seit 1672 wiederholt zur Wahrung des markgräflichen
Anspruchs in Wien sowie bei den Friedensverhandlungen in Nim-
wegen 1678 und Baden bei Zürich 1714 eingelegt wurden, wirkten die insgesamt
fünf badischen Deduktionen, die in den Jahren 1698, 1721, 1753 und 1766
dem Fortgang des Prozesses vor dem Reichshofrat dienen sollten-
Markgraf Carl Friedrich strebte als erster eine großzügige Lösung der
Geroldsecker Frage auf diplomatischem Weg in geschmeidiger Führung an.
Bei Sondierungen über die Beendigung des Siebenjährigen Krieges ergab sich
zwischen 1760 und 1763 eine Konzeption, die auf Arrondierung der Territorialsplitter
der oberen Markgrafschaft unter Einbeziehung von ganz Hohengeroldseck
hinauslief7; es entsprach diesem weiträumigen Plan, daß er sich
nicht auf das Allod beschränkte. Aus diesem Geist entstand 1766 die von dem
Markgräflichen Geheimen Rat Johann Jacob Reinhard erarbeitete „Pragmatische
Geschichte des Hauses Geroldsek wie auch derer Reichsherschaften Ho-
hengeroldsek, Lahr und Mahlberg in Schwaben", die weit mehr war als nur
eine wenn auch besonders gründliche und erweiterte — juristische Basis des
badischen Anspruchs.
Dreißig Jahre später belebten sich in Karlsruhe die von der nämlichen Geisteshaltung
beeinflußten Hoffnungen auf den Gewinn Hohengeroldsecks zusammen
mit dem Breisgau und der Ortenau8, da mit rechtsrheinischen territorialen
Veränderungen infolge der deutschen, auch badischen Gebietsverluste
jenseits des Rheins gerechnet werden konnte. Als badischer Gesandter verhandelte
darüber Sigismund Freiherr von Reitzenstein schon 1796 in Paris.
In den nächsten zehn Jahren behielt die zielstrebige badische Politik das kleine
Schwarzwald-Territorium besonders fest im Blick. Das Ziel schien Ende 1805
endlich erreicht: Als Folge des Prefiburger Friedens gewann das Kurfürstentum
Baden 1805. Breisgau und Ortenau sowie die gerade hier zahlreichen
reichsritterschaftlichen Gebiete. Es annektierte die Hohengeroldsecker Anteile
7 Hans Gerspacher: Die badische Politik im Siebenjährigen Kriege. Heidelberg 1934. (Heidelberger
Abhandl. z. mittl. und neueren Gesch. H. 67).
8 Karl Ob se r (Bearb.): Politische Correspondenz Karl Friedrichs von Baden 1783—1806. Bd. IV.
Heidelberg 1896. Einleitung: S. VII—LXXIV. Bd. V. Heidelberg 1901. Einleitung: S. XI—LXI.
Bd. VI (Ergänzungsbd.), Heidelberg 1915.
Wolfgang Windelband : Der Anfall des Breisgaus an Baden. Tübingen 1908.
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