Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 110
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(Handwerksarbeiten) gegebene Kredit (I, 9, 34 35) hat wohl wegen seiner
Gebräuchlichkeit und Häufigkeit^ für den Gesetzgeber nicht den Aspekt der
Darlehensschuld, d. h. eines Kreditgeschäftes. Ob schließlich die in den wirtschaftlich
regeren Städten verbreitete Art der Geldanlage in der Form der
befristeten Einlage größerer und kleinerer Beträge bei Kaufleuten zur Vermehrung
von deren Geschäftskapital gegen einen mäßigen Zins sich auch in
Freiburg um diese Zeit fand, lassen die Schuld- und Pfandrechtspartien des
Stadtrechts nicht erkennen. Immerhin fiele diese Form der entgeltlichen Kreditgewährung
unter das strenge Wucherverbot von II, 1, 4, sofern der Einleger
nicht die Rechtsform der Beteiligung wählte, für welche ein Gewinn wegen
der Risiko-Beteiligung nicht unter das Verdikt des Wuchers fiele19.

Die den Kreditbereich betreffenden Teile des Stadtrechtes lassen besonders
eindrücklich die wirtschaftsethischen Zielsetzungen erkennen, welche die das
Wirtschaftsleben ordnenden und disziplinierenden Institutionen und Normen
der Kodifikation tragen. Alles Wirtschaften und alle wirtschaftlichen Beziehungen
unter den Bewohnern der Stadt werden der ethischen Zentralnorm
der aequalitas unterstellt: der Forderung nach Wahrung der Gleichwertigkeit
von Leistung und Gegenleistung im wirtschaftlichen Verkehr, in der Gestaltung
der wirtschaftlichen Beziehungen, welche innerhalb eines arbeitsteiligen
Ganzen im wesentlichen Tauschbeziehungen sind. Die Sicherung der
aequalitas im Tauschverkehr bezielt die obligatorische Bewertung eines Gutes
in Geld bei jedem Kauf bzw. Verkauf als ein Essentiale des Kaufvertrages
in II, 4, 1. Die Bestimmtingen des Schuld- und Pfandrechtes bemühen
sich um Einhaltung von Gleichgewicht und Gleichwertigkeit in Leistung und
Gegenleistung bzw. Forderung: so die Feststellung des Schadens bei Verzug
II, 1, 3; so die Verpflichtung zur Rückzahlung von Darlehen zum Wert des
Dargeliehenen im Zeitpunkt der Rückerstattung II, 1, 5. Der Sicherung der
aequalitas soll die Ablösbarkeit von Rentschulden dienen (mit dem Verbot von
Ewigrenten IV, 1, 8), wie überhaupt das Recht des Schuldners auf jederzeitige
Tilgung seiner Schuld II, 8, 13. Dasselbe Ziel verfolgt, in besonderem Maß, das
streng gefaßte Zinsverbot, denn Zinsnehmen ist ja Inanspruchnahme einer
Leistung ohne Gegenleistung und gilt als der flagranteste Verstoß gegen die
aequalitas — nicht nur ein Verstoß gegen das Liebesgebot —. Und die Bestimmungen
, welche eine Umgehung des Zins Verbotes verhindern sollen, sind
zugleich Sicherung der aequalitas wie z. B. die Anrechnung der Pfandnutzung
auf die Schuldsumme (II, 8, 3). Die wirtschaftsethische Ausrichtung auf dieses
Ziel der unbedingten Wahrung der aequalitas gehört mit hinein in die umfassende
Zielsetzung, welche sich das Stadtrecht am Schluß der Vorrede gibt:
die Bürger sollen im Nachleben dieses Rechtes ein gottesfürchtiges und ehrbares
Leben führen „darzu ir narung und zytlich gut erlich und wol anlegend".
Und die Forderung nach Wahrung der aequalitas als Leitregel für das individuelle
Verhalten und wirtschaftliche Handeln erhält ihr Komplement in
der konsequent gewahrten Vorrangstellung des Gemeinwohls. Mit der Rücksicht
auf das Gemeinwohl wird die ungewöhnlich starke Beschneidung der

18 In der Const. von Lat. V Sess. X (1515) findet sich in der klassischen usura Definition als Wesensmerkmal
das Gewinnen (lucrum) „nullo labore, nullo sumptu nullove periculo", d. h.-beim Ein
gehen des Risikos kann im Falle der stillen Beteiligung bei ihr entfällt der labor der Zins
erlaubt bzw. tolerierbar sein. Die Const. vgl. Conciliorum oecumenicorum decreta ed. alt. 1962,
S. 602 f.

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