http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0124
Der fernere Lebenslauf von Franz I. Joseph kann hier nicht weiter verfolgt
werden. Durch seine bereits erwähnte Heirat mit Maria Walburga von Rost
(1771) erlangte er 1774 die Lehenherrschaften Singen und Mägdeberg, war
aber zeit seines Lebens mit verantwortlichen Positionen in der Verwaltung
und Justiz der k. k. Monarchie in Innsbruck, Klagenflirt, Venedig und wiederum
in Klagenfurt, zuletzt als Präsident des Innerosterreichischen Appellationsund
Kriminalgerichts betraut. Im Alter von 74 Jahren starb er während eines
Besuches bei seinem Sohne Franz II. Seraphicus Joseph im Schloß zu Singen
am 15. Juli 1821.
Graf Enzenberg, der in der Familie den Namen „Kärntner Franz" oder
„schöner Franzi" führt, beschreibt sich selbst in jenen Jahren als einen schlanken
Jüngling mit langem blondem Haar und hellblauen Augen, der nicht, wie
so manche Standesgenossen, „ganz so kärglich" mit Geld versehen war; dazu
kamen seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse, Belesenheit und das gewandte
Auftreten eines durch nützlich angewandte Reisen erfahrenen und im Urteil
sicheren jungen Mannes13.
III.
Trotz eifriger Nachforschungen gelang es uns auch nicht, für den von Graf
Enzenberg anschaulich beschriebenen Brauch der Strohrede ähnliche Beispiele
in der siidwestdeutschen volkskundlichen Literatur ausfindig zu machen15.
Lediglich im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm15a
fanden sich Nachweise für den Brauch, bei Hochzeiten eine „Strohkranzrede
" zu halten16. „Strohkrantzreden sind bey adelichen und vornehmen
beylagern annoch in Gebrauch", berichtet das Deutsche Wörterbuch unter
Bezug auf Zedlers Universal-Lexikon (1740, S. 1021): „Noch hatte der gute
Herr von W. zwey reden auf dem herzen. Die begleitungsrede ins schlafgemach
und die strohkrantzrede"17, und Jean Paul18 schildert einen Strohkranzredner
, der „hielte mit vergnügen dem guten klassichen paare die trau rede und
darauf die strohkranzrede". Hier wird der Strohkranz ganz offensichtlich als
„Preis für besondere Leistungen oder Fähigkeiten" betrachtet, wie er auch
als Bezeichnung für das Gegenteil gebraucht werden kann19. Und schließlich
sagt das Deutsche Wörterbuch über den Strohkranzredner: „der glänz der
ehre, die ich heute genieße, einen strohkranzredner abzugeben, verblendet
mich gar nicht". In einem anderen Nachschlagewerk wird die Entstehung des
Brauches erklärt: „. . . ehemals mußten geschwächte weibliche Personen am
Tage ihrer Hochzeit anstatt des jungfräulichen Brautkranzes zum Zeichen
ihrer verlorenen Ehre einen Strohkranz tragen, welcher Brauch hier und da
noch üblich ist und wovon eine solche Hochzeit eine Strohhochzeit genannt
wird. Ein Überrest von diesem Gebrauche ist auch noch der Strohkranz, welcher
der neu vermählten jungen Frau einen Tag nach der Hochzeit im Scherz
15 Dr. Leander Petzoldt, Freiburg i. Br., dem ich für seine Nachforschungen und Auskünfte danke,
konnte in der Institutsbibliothek des Deutschen Seminars der Albert-Ludwigs-Universität Abt.
Volkskunde in Freiburg keinen Nachweis feststellen, ebenso war der Begriff bei den wissenschaftlichen
Angehörigen des Instituts nicht bekannt.
15a Grimm, Deutsches Wörterbuch (DWB), 10. Bd. 3. Abt. Leipzig 1957, S. 1670.
16 Dies ist z. B. von einer Hochzeit in Dresden 1730 überliefert: Henrici, Christ. Fr. (Picander),
Ernst-Scherzhafte und Satyrische Gedichte. Leipzig 1727—37, IV; hier: Bd. III (1732) S. 446.
17 Nach v. Hippel, T. G. — Lebensläufe nach aufsteigender Linie, Berlin 1778, 3, 2, 539.
18 Jean Paul, sämtliche Schriften nach der Ausgabe Berlin 1826 f.
19 Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens, Bd. 5 1932/33, S. 387 „Kranz".
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