http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0140
Ärger mit dem städtischen Schulaufseher
Den Posten des städtischen Schulaufsehers erhielt der Kanzleiverwalter
Dr. Umber. Zwischen ihm und Direktor Bob entwickelte sich ein zäher Streit,
einmal um die neue Methode überhaupt, zum anderen aber auch um Kleinigkeiten
des Schulalltags. J. Hoffmann stellte das langwierige Hin und Her, das
viel Papier und Tinte verschlang, in Heyds Geschichte der Entwicklung des
Volksschulwesens in Baden ausführlich dar15 und vermutete dahinter Gründe
„persönlicher Natur". Sie sind zweifellos denkbar. Ebenso lohnt es sich aber,
in Erwägung zu ziehen, daß Umber nicht auf eigene Faust, sondern ganz im
Sinne der Stadt handelte, die sich in der Angelegenheit der Normalschule
übergangen fühlte. Eine Ergänzung zum Thema Dr. Umber, das Hoffmann
nach dem ausgiebigen Material im Generallandesarchiv in Karlsruhe abhandelte
, bieten die Akten im Stadtarchiv Freiburg. Danach trug im Jahr 1778 der
geistliche Katechet Wigstel einen Streit mit Umber aus um die Versetzung
von dessen Sohn Johann Nepomuk Fidel16. Wigstel wollte den Knaben, der
wie alle Bürgersöhne aus höher gestellten Kreisen einen Hausinstruktor hatte,
am Aufsteigen in die vierte Klasse hindern. Dr. Umber zeigte die Angelegenheit
der Regierung an und bekam recht, übrigens auch von Direktor Bob, der
vermutlich von Anfang an gesehen hatte, daß Wigstels Vorgehen aussichtslos
war, da der kleine Umber in den meisten Fächern gute Leistungen zeigte und
man ihn daher keinesfalls sitzen lassen konnte, weil er „unter dem Jahr in der
Religion nicht genug gethan habe"17, wie Wigstel meinte. Der Vorfall spricht
eigentlich eher für ein allgemein gereiztes Klima zwischen Schule und Stadt
als für persönliche Querelen.
Reformen kosten Geld
Ein zweiter Grund für den Ärger mit dem städtischen Vertreter dürften
neben dem vom Staat beanspruchten Lehrerberufungsrecht die hohen Kosten
sein, die dieser im Zusammenhang mit der Normalschule aufgebürdet wurden.
Im Sommer 1772 erhielt die Stadt die Weisung von höchster Stelle, der vorderösterreichischen
Regierung und Kammer, so rasch wie möglich „die Zurichtung
der Lateinischen Schule für die künftige Normal-Schule18" zu besorgen. Die
Forderung nach dem Umbau des alten Lateinschulgebäudes in der Pfaffengasse
, der heutigen Herrenstraße19, stellte sich fraglos ohnedies, da es ebenso
heruntergekommen war wie die Schule, die jahrhundertelang darin gehaust
hatte20. Daß es bis 1772 zusätzlich als Militärunterkunft diente, machte es auch
nicht besser21. Die Kosten, die das Erweitern des Hauses, das nach Wiener Vorstellungen
und Regiminalantrag von 1772 vier „geräumige Hauptstuben" aufnehmen
und Platz für „ein oder zweyer geheüratheten Lehrer"22 bieten sollte,
beliefen sich auf 9500 Gulden und belasteten die Stadt schwer. Die Fertig-
15 Heyd, a. a. O., S. 1187 ff.
16 Stadtarchiv Freiburg, a. a. O. (1778).
17 ebd. Aus der Anzeige Dr. Umbers an die Regierung.
18 Stadtarchiv Freiburg, a. a. O.
19 Karl Halter: Die Volksschulen der Stadt Freiburg. In: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins
Schauinsland. 79 (1961), S. 72.
20 F. Bauer: Die Vorstände der Freiburger Lateinschule nach ihrem Leben und Wirken. In: Zeitschrift
der Gesellschaft für Geschichtskunde, Freiburg 1. (1867—1869). S. 79—104.
21 Stadtarchiv Freiburg, a. a. O.
22 ebd.
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