http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0162
Bedeutung dieser Art von Bildwerken als Quelle für die Stadtgeschichte auch
für Freiburg so gut charakterisiert, daß dem nichts mehr hinzuzufügen ist.
Was hier zu tun bleibt, ist noch ein kurzer Blick auf den späteren Lebenslauf
von Joseph Lerch. Es wurde bereits erwähnt, daß er seine Absicht, durch
Vervielfältigung des großen Werkes seine Vermögenslage zu verbessern,
nicht hat realisieren können. Wenn man hört, daß das Stechen des Basler
Bildes die Werkstatt des kapitalkräftigen Mähly-Lamy zwei Jahre beschäftigt
hat, so wird deutlich, warum Lerch in Freiburg ein Erfolg versagt blieb, zumal
der in Frage kommende Abnehmerkreis hier auch erheblich kleiner als in
Basel sein mußte. Nur einem sehr dürftigen Fremdenführer konnte eine
primitive Verkleinerung des Bildes von 1852 als Ersatz für einen Stadtplan
beigegeben werden. Spuren der pekuniären Notlage des Malers durchziehen
daher weiterhin mehrfach die Akten. Hauptsächliche Lebensgrundlage blieb
für ihn die freilich offenbar nicht regelmäßig geübte Tätigkeit als Zeichner der
Anatomie. Da jedoch bei der Anatomie mit einer fortlaufenden Beschäftigung
nicht zu rechnen war, und da so die finanziellen Schwierigkeiten dauernd
weiterbestanden, kam Lerch auf den Gedanken, im Jahre 1865 dem Stadtrat
erneut ein von ihm aufgenommenes Panoramabild für 5 Louisdor anzubieten,
was aber nicht angenommen wurde. Über den Verbleib dieses Werkes ist
nichts bekannt. Positiver für ihn wirkte sich die Oberbadische Gewerbeaus-
stellung im Jahre 1871 aus. Damals wurde das uns hier hauptsächlich beschäftigende
Bild von 1852, das seither einen repräsentativen Platz im Ratssaal
gefunden hatte, in der Ausstellung gezeigt. Es soll dort, allerdings nach Angabe
Lerchs, vom Großherzog gelobt worden sein. Offenbar wurde dies für
den Maler Anlaß, im Jahre 1873 sein Angebot an den Stadtrat abermals zu
wiederholen. Er konnte dabei darauf verweisen, daß seit der Fertigung seines
ersten Bildes „ein Vierteljahrhundert" (!) vergangen sei und feststellen: „Seither
hat sich alles derart geändert und hat sich die Stadt in den letzten Jahren
derart erweitert, daß es jetzt um so notwendiger fällt, diese in ihrem jetzigen
und bereits künftig projektierten Umfange aufs neue in die Rahmen zu bringen
." Er fügt hinzu: „Es erheischt bei der jetzigen Ausführung der Aufnahme
eine nach allen Richtungen ziehende Größe und Ausdehnung, wobei hauptsächlich
die Gebirge zu copieren wären." Gemeint war also offenbar nicht nur,
wie bereits 1852, die Einbeziehung der Landschaft westlich der Innenstadt,
sondern, wie zu zeigen sein wird, der ganze damalige Stadtbereich von Herdern
bis zur Wiehre. Daß damit etwas Unmögliches von Lerch angestrebt
wurde, sei daher schon jetzt festgestellt.
Der Stadtrat veranlaßte nun tatsächlich, „da mit Fertigung gedachten Planes
zweifelsohne ein gemeinnütziger Zweck erreicht werde", die Beurba-
rungskommission zur Bereitstellung von Mitteln. Dann schob man allerdings
die Ausführung des Werkes wieder hinaus, angeblich um auch die neuen
Bauplanungen genügend berücksichtigen zu können. Lerch war daher gezwungen
, darauf hinzuweisen, daß er „eben keine gewisse Stellung" innehabe
und daher genötigt sein werde, seine Vaterstadt zu verlassen, falls man ihm
die Ausführung des Projektes nicht übertrage. Schließlich wurde am 10. März
1874 ein entsprechender Vertrag unterzeichnet, der eine Herstellungszeit für
das zweite Panoramabild von drei Jahren und den Preis von 1000 Gulden
(= etwa 1700 Mark) in Abschlagszahlungen sowie Gestellung einer Arbeitshütte
auf dem Schloßberg und die Lieferung von Malgerät vorsah. Das zweite
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