http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0168
aus dem Lande selbst entsteht: St. Cyriak in Sulzburg21, der früheste erhaltene
steinerne Monumentalbau seit römischer Zeit. St. Thrudpert war 604 noch
vom Elsaß aus gegründet worden13.
König Heinrich II. schenkt 1008 den Wildbann im Mooswald, den „bannus
bestiarum", an den Bischof von Basel22. Das Domstift Basel setzt seinen Verwaltungsmittelpunkt
, den Dinghof, nach Tiengen. Für unsere Betrachtung ist
wichtig: noch über hundert Jahre vor der Gründung Freiburgs wählt
Basel nicht etwa die Stelle der späteren Stadtgründung, sondern die
Mengener Brücke. In Basel war die Erinnerung wohl nicht vollständig untergegangen
, daß in spätrömischer Zeit die Jurisdiktion des Bischofs von Augst-
Basel auch den Breisgau umfaßte. Ein Indiz für den sehr alten Basler Einfluß
ist die wohl noch merowingerzeitliche Benennung von „Bischoffingen" in unmittelbare
Nähe des königlichen Fiskus von Sasbach-Königschaffhausen nach
dem Bischof von Basel. Auch die frühen Eigenkirchen und die Patrozinien der
Landschaft zwischen dem Schönberg und dem Südfuß des Kaiserstuhls vermögen
die Annahme zu stützen, daß hier eines der Zentren frühmittelalterlichen
Lebens im Breisgau lag. So ist neben vielen anderen Altpatrozinien
St. Symphorian23, das Patrozinium von Tiengen, einzigartig im gesamten
Breisgau. Die Kirche liegt, wie Bechtoldskirch24, in beherrschender Lage auf
dem steil abfallenden Hochufer der Mengener Brücke. Die auffallende Lage
spricht bei beiden Kirchen dafür, daß sie an der Stelle frühmittelalterlicher
Burgen errichtet wurden, innerhalb der Burgmauer. Bei Bechtoldskirch belegt
auch die Namengebung die ursprüngliche Eigenkirche eines Birhtilo/
Berthold.
Zum ersten Mal seit dem Ende der Römerherrschaft waren die Merowin-
gerkönige wieder offensiv über den Fluß gegangen. Sie begnügten sich mit
Unterwerfung und Tribut und griffen kaum in die innere Struktur des rechtsrheinischen
Landes ein. So kann sich Odilo von Baiern 743 bei seinem Aufstand
gegen Pippin auf das regnum Meruungorum berufen, dem die Baiern
verpflichtet seien, was den Eingriff der Karolinger in die innerbairischen Verhältnisse
als Unrecht erscheinen ließ25. Erst den Heeren der frühen Karolinger,
Karl Martell, Karlmann und Pippin folgen die fränkischen Grafen und die
Kirche, die jetzt alle Macht in Alemannien und später auch in Baiern in
Händen halten26.
Mit der Gründung von Freiburg haben die Zähringer einen neuen Mittelpunkt
für das Land zwischen Rhein und Schwarzwald geschaffen. Die tausendjährige
Rolle des Breisgaus im Schatten des Elsaß27 war zu Ende, wie sie im
11. Jh. noch einmal durch das Vordringen Basels, der Bischofsstadt des Oberelsaß
, eindringlich belegt wird. Mit ihrem „Staat28" neugegründeter Städte
vollenden erst die Zähringer das von den Römern begonnene, wieder verlorene
und von den Karolingern erneut aufgegriffene Werk der Strukturierung
des rechtsrheinischen Landes. Den Zähringern konnten die ländlichen
Siedlungsinseln als Grundlage der Macht nicht mehr genügen. Ihr Breisgau
war das neugegründete Freiburg, die Salzstraße nach Schwaben, der Silberbergbau
und der Schwarzwald selbst: ihre Grablege St. Peter lag nicht mehr
am Schwarzwaldrand wie St. Cyriak, das in die ländliche Beschaulichkeit seines
Ursprungs zurückfiel, sondern „auf dem Schwarzwald". Freiburg steht
nicht wie Basel oder Straßburg auf römischen Mauern. Die römischen und
frühmittelalterlichen Wurzeln Freiburgs liegen „im Breisgau".
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