Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 171
(PDF, 35 MB)
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Hintergrund wird z. B. deutlich, welch existentielle Bedeutung vor der Einführung
der Schußwaffen dem Schild zukam, so sehr, daß sich bis heute Familien
, Städte und Staaten in archaischer Weise durch ein Wappen, also einen
Schild, als Gemeinschaft kennzeichnen. Es sind die Gemeinschaften, die in der
Regel ein Bewußtsein historischer Kontinuität besitzen. Die moderne Industrie
oder andere Vereinigungen verwenden „Marken" anderer Art. Zusammen mit
der hohen Zahl akuter Infektionen erklären die zahlreichen Leibverletzungen
die geringe paläopathologische Diagnosechance am Skelett.

Ein drittes Beispiel: Am Anfang der römischen Geschichte und der römischen
Expansion steht der seltsame Bericht vom Raub der Sabinerinnen, den
schon Livius nicht mehr stichhaltig erklären konnte39. Erst die anthropologisch-
paläopathologische Untersuchung frühgeschichtlicher Gräberfelder konnte
eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn dieses Berichtes geben. Es über-

Abb. 6 Backenzahn (Molar) unten rechts 6: drei Höcker buccal,
zwei lingual, kaum Abrasion (Grab 24 eines erwachsenen
jungen Mannes, 12X9,5 mm). Aufnahme: Martine Oberländer,
Institut für Geschichte der Medizin der Universität Freiburg i.Br.

rascht immer wieder, daß bei patriarchalisch strukturierten Populationen auf
fast allen Gräberfeldern weniger Frauen als Männer liegen (primäres Frauendefizit
), während die Friedhöfe nach der Christianisierung den physiologisch
zu erwartenden Frauenüberschuß widerspiegeln. Creel40 verglich 12 (mit
einer Ausnahme) merowingerzeitliche Reihengräberfriedhöfe und fand ein
durchschnittliches Verhältnis von 53,8 °/o Männern zu 46,2 0 Frauen. Berücksichtigt
man die hohe juvenile und frühadulte Sterblichkeit junger Frauen
in alter Zeit (sekundäres Frauendefizit), so konnten sehr viele junge Männer
keine Frau der eigenen Population finden. Die Anthropologie fand damit eine
der Ursachen für die in frühgeschichtlicher Zeit alljährlich wiederkehrenden
Kriegsfahrten junger Männer, die in den geschriebenen Quellen fast nie erkennbar
wird. Nicht nur auri sacra fames ließ solche Kriegszüge jahrhundertelang
gegen die Grenzen des römischen Reiches prallen.

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