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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 187
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0190
Vergleich der archäologischen und der paläopathologischen Befunde

Eine Überraschung brachte der abschließende Vergleich unserer Befunde
mit den vorläufigen archäologischen Ergebnissen. Wir hatten die Toten, von
denen wir nichts außer der Grabnummer wußten, nach der Frequenz der
beigegebenen Tierarten geordnet. Es ergab sich kein statistisch faßbarer Zusammenhang
mit dem Alter oder dem Geschlecht der Toten. Dagegen war an
eine Abhängigkeit von der sozialen Stellung zu denken: nur einem Toten,
dem adulten Mann von Grab 7, waren Teile von 5 Tieren beigegeben worden,
bei einem Mann (Grab 27), zwei Frauen (Gräber 10 und 25) und dem einzigen
regelrecht auf dem Friedhof bestatteten Kind (Grab 28) fanden sich jeweils
drei Tierarten.

Bei 14 der 25 Gräber war nur ein Tier beigegeben, meist das Schwein
(Gräber 2, 3/1, 3/2, 3/3, 4, 8, 12, 14, 15, 18, 19, 20, 23, 24, in Grab 24 außerdem
ein Rinderzahn). In 6 Gräbern fanden sich keine Tierbeigaben (Gräber 5, 9,
13, 17, 22 und 26). Eine Übersicht über die Tierbeigaben bringen die Tabellen
1 und 3. Die Tierbeigaben waren meist mitverbrannt worden. Nur Teile vom
Rind sind auffallend oft unverbrannt, z. B. die große Rinderscapula neben
der Urne von Grab 10.

Beim Vergleich mit den archäologischen Befunden zeigte sich: es waren
die beiden Männer, die fünf und drei Tiere mit ins Grab erhalten hatten, in
deren Brandgrubengräbern sich das reichste archäologische Inventar des
ganzen Friedhofs fand, je eine große Amphore und zwei Tierfiguren von
Hund und Hirsch und von Hund und Hindin. Dem Mann von Grab 7 war der
kostbare Henkelkrug mit drei aufgesetzen Medusenhäuptern, dem Mann
von Grab 27 der einzige Faltenbecher des Friedhofs mitgegeben worden.
Auch das einzige Kind des Friedhofs (Grab 28) war in einer kostbaren, verzierten
und ursprünglich schwarz-hochglänzenden Urne beigesetzt worden.
Wir können mit gutem Grund diese beiden Männer, die beiden Frauen und
das Kind als die Herrenfamilie der villa rustica auffassen, möglicherweise
zwei Generationen dieser Familie. Weitere Aufschlüsse sind zu erwarten,
wenn von archäologischer Seite die relative Chronologie herausgearbeitet
sein wird.

Wenn sich im Leichenbrand Tierknochen fanden, dann regelmäßig von
einer oder von drei und einmal, im reichsten Männergrab, von fünf verschiedenen
Tieren. Möglicherweise verbirgt sich hinter dieser Verteilung eine
religiöse Motivation. In der Antike erscheinen z. B. weibliche Gottheiten gerne
in der Dreizahl, wie auf dem Friedhof in Schallstadt die drei Medusen auf
dem Henkelkrug von Grab 7.

Aus der Antike ist überliefert, daß der Scheiterhaufen des Toten dreimal
mit der Fackel umschritten und die Teilnehmer an der Leichenfeier dreimal
mit Wasser besprengt wurden78. Aus der Medizingeschichte ist bekannt, daß
bei chirurgischen Operationen gegen den Schmerz des Schnittes dem Patienten
die Dreizahl ins Ohr geflüstert wurde. In zahlreichen sprachlichen Formen
hat sich die Zahlenmystik um die Dreizahl bis heute erhalten: „aller
guten Dinge sind drei". In der Liturgie wird die Formel des Kyrie eleison
dreimal wiederholt, dreimal schlägt sich der Gläubige bei der dreifachen Wiederholung
des mea culpa an die Brust, dreimal wird das Sanctus, dreimal

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