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noch acht dort anwesend, die übrigen wegen ihrer lutherischen Einstellung bereits
ausgetreten. Mehrere hatten geheiratet. In der Klausur scheinen männliche Besucher
Tag und Nacht ungehindert Zutritt gehabt zu haben. Ob die im Kloster sich
noch 1525 aufhaltenden Konventsmitglieder ebenfalls lutherisch eingestellt waren,
läßt sich nicht genau sagen.45*1 Zum mindesten wollten sie ihres Unterhalts nicht
verlustig gehen. Sie sträubten sich daher gegen die von der Stadt Breisach eingeleiteten
Maßnahmen. Deshalb scheint die Stadt die Nonnen gefangengenommen zu
haben. Erst Ende 1527 schloß sie, sicher nicht ohne erneuten Zwang, mit mehreren
der ehemaligen Nonnen - darunter der bisherigen Äbtissin - Leibgedingverträge
ab. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß ein Zusammenhang zwischen diesen Abmachungen
und den inzwischen angelaufenen Untersuchungen der landesherrlichen
Behörden gegen die Stadt wegen der Zerstörung der Klostergebäude und
wegen des Verhaltens im Bauernkrieg bestand. Man wollte wohl in Breisach den
Vorwurf vermeiden, die Nonnen seien verjagt worden. Daher einigte man sich
angeblich ohne Zwang.
Die Motive der Stadt für ihr Vorgehen waren demnach vielschichtig. Die topographische
Lage des Klosters unmittelbar vor der Stadtmauer machte dieses sicher
im Kriegsfalle zu einer ernsten Gefahr. Insofern schien zwar dessen Abbruch gerechtfertigt
. Nicht aber gilt dies für die vollständige Aufhebung des Konvents und
die Einziehung der Klostergüter, zumal der Versuch einer Klosterverlegung in den
Bereich der Stadt selbst offenbar niemals erwogen worden ist. Es erhebt sich daher
aufgrund der Anklagen Diepolt Walters der Verdacht, daß die Breisacher -
stärker als bisher angenommen -, unter der Einwirkung lutherischer Gedankengänge
, die durch den Bauernkrieg noch verstärkt worden waren, gehandelt haben.46
Es geht dies auch daraus hervor, daß der Freiburger Stadtrat bereits am 24. November
1524 ein Schreiben an den Breisacher Stadtrat hatte ergehen lassen, in dem
es hieß: Wir haben vor ettlichen tagen landtmanßwise verstanden, das zwuschen
uch und uwer gemeinde etwas irrung und mißwillen sein, und von sondern Personen
by uch, die uff dem jarmarckt hie gewesen [d. h. auf dem Freiburger Martinimarkt
am 11. November] geredt worden, als wem sy von zun]fügen oder inwo-
nern hie gewarndt, das euwer statt uberfallen und uss der gemeindt etlich gestraft
werden sollen etc.46* Um was es sich dabei handelte, wird aus dem Schluß des
Schreibens deutlicher. Nachdem die Freiburger um Nachricht über die derzeitige
Lage in Breisach gebeten hatten, wiesen sie die Nachbarstadt auf dise geferlichen
emperlichen leuffe und neuwen verdampten lern hin. Sie berichteten ferner, daß
der Landesfürst in Innsbruck angekommen sein solle und daß er in diesen Sachen
wohl handeln werde. Am 14. Mai 1525 schrieb ferner der österreichische Landvogt,
Wilhelm von Rappoltstein, an den Rat der Stadt Straßburg, in Breisach habe sich
ein Streit zwischen dem Rat und der Gemeinde erhoben, der - wenn er nicht
schleunigst gütlich beigelegt werde - sowohl dem Kaiser und dem Hause Österreich
als auch dem ganzen Amtsbereich des Landvogts verderblich werden könne.46*
Der Vorwurf Diepolt Walters, die Breisacher hätten sich selbst als Papst und Kaiser
bezeichnet, dürfte also einer Grundlage nicht entbehren. Dies wird auch durch
die bereits erwähnte, leider undatierte, aber wohl von Ende 1525 oder Anfang
1526 stammende Klageschrift der Stadt Freiburg beim Regiment in Ensisheim be-
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