http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0085
der Freiburger Rat aufgrund der durch Folterung erzwungenen Bekenntnisse
zweier wegen Kindesmißhandlung angeklagter Christen - einer aus Buchheim, der
andere aus Freiburg - auch gegen die mißliebige Judengemeinde in Waldkirch vorzugehen
.13 Aus diesem Grund gefangengesetzte Juden mußten allerdings bald wieder
freigelassen werden. Doch griff nun offenbar auf Veranlassung der Stadt das
vorderösterreichische Regiment in Ensisheim ein. Es ordnete an, daß die in Waldkirch
Angeklagten nach Freiburg zu verbringen und mit Anwendung der Folterinstrumente
im Christoffelsturm peinlich zu verhören seien.14 Obwohl auf diesem
Wege das Schweigen der Juden nicht gebrochen werden konnte, bemühte sich der
Stadtrat doch darum, die Verbannung der Juden seitens der staatlichen Behörden
im ganzen Breisgau zu erreichen.15 Die endliche Überbringung der angeklagten Juden
nach Ensisheim und ihre spätere Freilassung wegen Mangels an Beweisen
wurde von einem anonym bleibenden Dichter und von Johann Eck argwöhnisch
als das Resultat der Bestechung königlicher Beamten angesehen.16 Diese durch Agitation
sicher noch aufgeheizte allgemeine Stimmung herrschte also noch in Freiburg,
als der erneute Zwischenfall mit der Taufe des jüdischen Jungen sich ereignete. Dadurch
wurde die Debatte über die Frage, ob ein jüdischer Vater den Übertritt seines
Sohnes zum Christentum verhindern dürfe, in eine bestimmte Richtung gelenkt.
IV
Zasius führt nun aus, daß er zunächst an der Zulässigkeit der Taufe des jüdischen
Knaben gezweifelt habe, bei eingehender Prüfung der Rechtsquellen seine
Meinung jedoch geändert habe. Im Herbst 1505 kursierte ein Auszug aus seiner
Abhandlung im Manuskript.17 Daher liegt die Annahme nahe, daß dies im Zusammenhang
mit Zasius' intensiven Bemühungen zu damaliger Zeit um die Nachfolge
des Paulus de Cittadinis als Professor für bürgerliches Recht an der Universität
steht. Indem er eine von Universität und Stadtrat gemeinsam getragene
höchst anfechtbare Rechtsentscheidung verteidigte, wollte sich Zasius das Wohlwollen
beider sichern. Nur so glaubte er sich anscheinend gegenüber seinen zahlreichen
Gegnern und Konkurrenten erfolgreich durchsetzen zu können. Bis 1506
war er, modern ausgedrückt, in der Lage eines Privatdozenten, der gegen den Widerstand
seiner Ordinarien einen Platz im Lehrkörper zu erringen sucht. Erst als
er dies Ziel erreicht hatte, machte er 1508 Anstalt, seine Abhandlung in einer kleinen
Ausgabe der Straßburger Druckerei Grüninger zum Druck zu bringen.18 Dem
Werk war ein in warmen Worten gehaltenes Vorwort des Humanisten Jakob
Wimpfeling vorangestellt, der die begeisterte Zustimmung des Straßburger Predigers
Johann Geiler von Kaysersberg hervorhob. Außerdem gab es Anerkennungsschreiben
verschiedener Akademiker und Verwaltungsleute aus der Umgebung.19
Offensichtlich war Zasius nicht an einer allzugroßen Verbreitung seines Werkes interessiert
. Er wollte nur, daß es von seinen Studenten, seinen Klienten und seinen
Freunden, d. h. den Akademikern und Literaten des Oberrheinraumes, gelesen
würde. Da die Veröffentlichung geschah, bevor Zasius seinen Platz im Kreise um
Erasmus eingenommen hatte, machte der Druck zu dieser Zeit kaum viel Auf-
83
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0085